Warum auch wir ein Sondervermögen fürs Klima ausgeben werden

Kommentar Klimapolitik EU
Dienstag, 25.03.2025
Jetzt investieren oder später draufzahlen. Ob wir wollen oder nicht: Österreich wird ein ähnlich großes Sondervermögen im Klimabereich ausgeben, wie Deutschland. Offen ist nur die Frage wofür. Expertin Katharina Rogenhofer analysiert.

Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at

Deutschland und Österreich verbindet vieles in diesen Tagen. Beide Länder stehen politisch am Beginn einer neuen Legislaturperiode, in denen die ehemaligen Großparteien gerade noch eine Parlamentsmehrheit haben (hierzulande ist zur Sicherheit noch eine dritte Partei im Bunde).

Beide Länder befinden sich in einer langanhaltenden Rezession, kämpfen gegen hohe Energiepreise und nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Beide Länder stehen also vor der Herausforderung, ihre Wirtschaft neu auszurichten und gleichzeitig die EU-Klimaziele zu erreichen.

Die Problembeschreibung ist dieselbe, die Wahl der verfügbaren Mittel könnte allerdings kaum unterschiedlicher sein. Die nächste deutsche Regierung hat sich mit einem Sondervermögen einen zusätzlichen Investitionsspielraum von 1.000 Milliarden Euro über zehn Jahre geschaffen. 500 Milliarden sollen in Infrastruktur fließen, 100 Milliarden Euro davon zusätzlich in Klimaschutzmaßnahmen.

 

Klima-Budgetbombe droht zu platzen

In Österreich hingegen bleibt für die notwendigen Reformen nur ein kleiner budgetärer Spielraum, der gefühlt monatlich noch weiter schrumpft. Noch in dieser Woche werden WIFO und IHS wohl die ohnehin schon schlechten Aussichten für die heimische Wirtschaft nochmal nach unten korrigieren.

Schlechtere Wirtschaftszahlen bedeuten weniger Steuereinnahmen und mehr Ausgaben. Der Konsolidierungsbedarf dürfte sich damit nochmal deutlich verschärfen.

Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt hat kürzlich davor gewarnt, dass ohne Gegensteuern bei Pensionen, Pflege und Gesundheit die Belastung für den Staatshaushalt in den kommenden Jahren immer stärker zunehmen wird. Badelt sieht darin eine "demographische Bombe" für den Staatshaushalt.

Eine ähnliche Bombe für das Bundesbudget droht ohne Gegensteuern auch im Klimabereich zu explodieren. Denn: Erreicht Österreich die EU-Klimaziele 2030 nicht, drohen Strafzahlungen von mehreren Milliarden Euro. Einzelne Berechnungen, wie jene vom Rechnungshof, gehen dabei von über neun Milliarden Euro aus. Auf österreichische Maße runtergerechnet, entspricht das etwa der Höhe jenes Sondervermögens, das Deutschland für Klimamaßnahmen ausgeben wird.

Ob wir wollen oder nicht: Österreich wird trotz der geringen finanziellen Möglichkeiten im Klimabereich zusätzlich viel Geld in die Hand nehmen müssen. Die Frage ist nur wofür: Für Strafzahlungen, die ohne jeglichen Effekt für die Wertschöpfung in diesem Land, ohne jegliche Verbesserung der Infrastruktur, ohne irgendeinem bleibenden Mehrwert für die heimische Wirtschaft und für das Klima einfach verpuffen? Das wäre eine Lose-Lose-Lose-Lösung für Budget, Wirtschaft und Klima.

 

Das wenige Geld richtig nutzen

Die Regierung ist besser beraten, dieses Geld stattdessen in die Ökologisierung der Wirtschaft und Gesellschaft zu intensiveren: in den Ausbau der erneuerbaren Energie inklusive der Netze, den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen, die Elektrifizierung der Industrie und in die Förderung von Zukunftstechnologien. Anstatt Milliarden sinnlos verpuffen zu lassen, wären die Effekte auf diese Weise bleibend.

Erneuerbare sind mittel- bis langfristig günstiger. Dadurch bleibt den Menschen mehr Geld zum Leben und die Wirtschaft, vor allem die Industrie, kann günstiger produzieren und wird somit wettbewerbsfähiger.

Die eigene Versorgung mit erneuerbarer Energie macht uns zudem unabhängig von fossilen Energieimporten und damit weniger erpressbar und sicherer. Auch die Inflationsgefahr – mit allen negativen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft – sinkt mit dem Ausstieg aus fossiler Energie.

Eine transformierte Industrie und Zukunftstechnologien können der heimischen Wirtschaft zu neuem Aufschwung verhelfen. Eine zukunftsfähige Industriestrategie hat großes Potenzial die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft zu stärken, neue Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen.

KONTEXT-Studien zeigen: Die Ökologisierung der Industrie könnte die Wirtschaftsleistung Österreichs bis 2050 um 3,3 Prozent steigern und 44.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Der globale Markt für Zukunftstechnologien wächst bis 2030 auf über 14.000 Milliarden USD, wie unsere Studie mit der Boston Consulting Group (BCG) zeigt.

 

Nur Ankündigungen, aber immerhin die richtigen

Die neue Regierung scheint das erkannt zu haben. Was im Regierungsprogramm steht, wurde nach der Regierungsklausur am vergangenen Dienstag (18. März) nochmals verdeutlicht: In einer neuen Industriestrategie für Österreich sollen Schlüsseltechnologien, in denen Österreich bereits stark ist, eine zentrale Rolle spielen. Dazu zählen laut Regierung neben der Digitalisierung auch Umwelttechnologien.

Noch sind ÖVP, SPÖ und NEOS aber nicht über Ankündigungen hinausgekommen. Welche Umwelttechnologien konkret gemeint sind, ließen die Regierungsspitzen am Dienstag weitgehend offen.

Gerade im Bereich Wärmepumpen, Gebäudeeffizienz, Stromnetze oder bei der Kreislaufwirtschaft gibt es hierzulande große Chancen. Großes Potenzial besteht auch in der Elektrifizierung der Industrie. Diese wurde von der Regierung weder nach der Klausur noch im Regierungsprogramm erwähnt. Dabei ist sie einer der größten Hebel für die Reduktion österreichischer Emissionen.

 

Sondervermögen mit Gegenfinanzierung

Doch die bisherigen konkreten Maßnahmen laufen den Absichten entgegen: So hat die neue Regierung bei wichtigen Förderungen, wie jene für den Heizungstausch oder der E-Mobilität, den Sparstift angesetzt, ohne als Alternative ordnungspolitische Maßnahmen in Aussicht zu stellen. Das spüren nicht nur die Installateure und Elektrikerinnen in Österreich gerade bitter, es steigert auch die Gefahr, die Klimaziele zu verfehlen und damit eine weitere Budgetbombe zum Platzen zu bringen.

Der Sparstift wäre stattdessen besser bei den klimaschädlichen Subventionen angesetzt. Die drohende Klima-Budgetbombe ließe sich so nahezu entschärfen und der Staat könnte mindestens eine Milliarde Euro jährlich sparen. Auf zehn Jahre gerechnet, hätte das österreichische Sondervermögen – anders als das deutsche – sogar eine Gegenfinanzierung. Das wäre eine Win-Win-Win-Lösung für Budget, Wirtschaft und Klima.

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