Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at.
Die Bundestagswahl beeinflusst nicht nur die politische Zukunft in Deutschland, sondern auch die Klimapolitik der gesamten Europäischen Union.
Am kommenden Mittwoch präsentiert die EU-Kommission unter der Führung ihrer Präsidentin, Ursula von der Leyen, den lange angekündigten erwarteten Clean Industrial Deal. Das neue Gesetzespaket wird das Herzstück der EU-Klima- und Wirtschaftspolitik in den kommenden fünf Jahren und schließt an den Green Deal aus der ersten Amtszeit von der Leyens an.
Ziel des Gesetzespakets ist es durch die Ökologisierung der Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent (gegenüber 2005) zu reduzieren. Dazu soll der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt, die Industrie elektrifiziert, Zukunftstechnologien gefördert, grüne Leitmärkte geschaffen und die Kreislaufwirtschaft ausgebaut werden.
Besondere Bedeutung für die Rolle Deutschlands
Die Maßnahmen des Green Deal wurden ab 2019 von einer breiten Mehrheit im Europäischen Parlament und im Rat der EU getragen. Anders als für das Vorgängerprogramm wird die EU-Kommission für den Clean Industrial Deal nun aber deutlich mehr politische Überzeugungsarbeit bei den beiden Ko-Gesetzgebern auf EU-Ebene leisten müssen.
Das liegt einerseits daran, dass heute in mehr Mitgliedsländern rechte Regierungen an der Macht sind, denen die EU-Klimapolitik ein Dorn im Auge ist.
Andererseits machen auch innerhalb des konservativ-bürgerlichen Lagers immer mehr Verantwortliche Stimmung gegen notwendige Maßnahmen, sodass sich die Kommissionspräsidentin der Unterstützung aus ihrer eigenen Parteienfamilie nicht mehr gewiss sein kann. Im Lichte dieser Entwicklung kommt der Rolle Deutschlands und damit auch der Bundestagswahl am Sonntag besondere Bedeutung zu.
Deutschland ist der wichtigste Handelspartner von nahezu jedem anderen Mitgliedsland und stemmt den höchsten finanziellen Beitrag für das EU-Budget. Entscheidend auf politischer Ebene ist aber, dass es das bevölkerungsreichste Mitgliedsland ist. Gerade im Rat der EU fällt Deutschlands Stimme dadurch enorm ins Gewicht. Durch die aktuellen politischen Machtverhältnisse im Rat steht und fällt die EU-Klimapolitik mit der Unterstützung Deutschlands.
Neue Machtverhältnisse in Europa
Italiens aktuelle Regierung unter der Ministerpräsidentin Georgia Meloni steht der EU-Klimapolitik ebenso kritisch bis ablehnend gegenüber wie Viktor Orban in Ungarn. In Tschechien steht Andrej Babis, ebenfalls Gegner der Klimapolitik, laut Umfragen vor der Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten nach den Parlamentswahlen im Herbst. In Belgien und den Niederlanden stellen Parteien weit rechts der Mitte die Regierung.
Für die qualifizierte Mehrheit im Rat, die für EU-Gesetze notwendig ist, reicht die Zustimmung von 15 Mitgliedsländern, solange sie 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Das heißt, selbst wenn all die oben genannten und bis zu sieben weitere kleine Mitgliedsländer geschlossen abstimmen würden, könnten sie klimapolitischen Maßnahmen der EU-Kommission nicht blockieren.
Anders wäre es im Falle Deutschlands. Mit einem Anteil von 18,8 Prozent an der EU-Bevölkerung müssen nur wenige weitere Mitgliedsländer gemeinsam mit Berlin abstimmen, um notwendige Maßnahmen zu kippen.