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Klimapolitik der neuen Regierung: Analyse des Regierungsprogramms

Analyse Klimapolitik
Donnerstag, 27.02.2025
ÖVP, SPÖ und Neos haben ihr gemeinsames Regierungsprogramm präsentiert. KONTEXT hat die geplanten klima- und energiepolitischen Maßnahmen analysiert.

Die kommende Bundesregierung aus ÖVP, SPÖ und Neos hat ihr Regierungsprogramm vorgelegt. Die Herausforderungen sind groß: strukturelle Wirtschaftskrise, Budgetdefizit, Klimaziele 2030. Die Ökologisierung der Wirtschaft ist ein Schlüssel für all diese Herausforderungen. 

In dieser Hinsicht ist es positiv, dass sich die kommende Regierung zu den EU-Klimazielen bekennt und die notwendige Emissionsreduktion mit einem Klimagesetz rechtlich verbindlich festlegen will. Klimaneutralität 2040 als explizites Ziel wird jedoch nur im Zusammenhang mit der Erstellung eines Klimafahrplans erwähnt. Hier bleibt unklar, ob die neue Regierung weiterhin ambitioniert bleibt.   

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien unterfüttert sie das Bekenntnis zum Ausbau mit konkreten wichtigen Maßnahmen und Gesetzen. Beim Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen im Bestand, der Reform klimaschädlicher Subventionen, der Förderung von Zukunftstechnologien und der Industrietransformation bleibt das Programm hingegen vage. Einige notwendige Präzisierungen fehlen ganz: so wird der Ausstieg aus Ölheizungen nicht explizit erwähnt, viele Zeitpläne bleiben offen und der Fokus auf marktreife Technologien für die Transformation fehlt. 

Die mangelnde Technologieklarheit kann kontraproduktiv wirken. Hier besteht die Gefahr, dass unterentwickelte und ineffiziente Technologien anstellen von bereits marktreifen und effizienteren Alternativen gefördert werden, zum Beispiel der Einsatz von E-Fuels im Individualverkehr oder Wasserstoff beim Heizen von Gebäuden. 

Die Punkte im Detail: 

Verankerung von Klimazielen im Klimagesetz
Die kommende Regierung bekennt sich zu den EU-Klimazielen und will die notwendige Emissionsreduktion mit einem Klimagesetz rechtlich verbindlich festlegen. Klimaneutralität 2040 als explizites Ziel wird jedoch nur im Zusammenhang mit der Erstellung eines Klimafahrplans erwähnt. Hier bleibt unklar, ob die neue Regierung weiterhin ambitioniert bleibt. Neben der jährlichen Obergrenze für Emissionen müssen jedenfalls zusätzlich sektorspezifische Ziele festgelegt werden.

Ausbau von erneuerbaren Energien, Speichern und Netzen
Die neue Regierung setzt beim Ausbau der Erneuerbare Energien wichtige gesetzliche Prioritäten: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) sollen noch vor dem Sommer 2025 beschlossen werden. Damit können Netze und Erneuerbare Energien schneller ausgebaut und flexibler genutzt werden. Das Nadelöhr für den Ausbau der erneuerbaren Energien bleiben jedoch die Bundesländer, die genügend Flächen dafür ausweisen müssen. Zusätzlich ist es notwendig personelle Ressourcen für Genehmigungsverfahren zu erhöhen.

Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen im Bestand 
In Österreich gibt es noch 1,4 Millionen Öl- und Gasheizungen. Im Regierungsprogramm wird das Ziel festgelegt die Emissionen im Gebäudebereich auf Null zu reduzieren und die Wärmewende gesetzlich zu regeln. Dazu wäre ein Erneuerbaren-Wärme-Gesetz notwendig, das ein fixes Enddatum für alle fossilen Heizsysteme im Bestand festlegt. Im Regierungsprogramm werden Ölheizungen jedoch nicht explizit erwähnt und auch ein klares Ausstiegsdatum fehlt. Allerdings soll eine Möglichkeit zur Gasnetzstilllegung geschaffen werden. Das ist zentral, um Netze rückzubauen und so die Kosten für die Verbraucher:innen zu stabilisieren.

Ökologisierung klimaschädlicher Subventionen 
Die Ökologisierung der klimaschädlichen Subventionen entlastet den Staatshaushalt und reduziert den Treibhausgasausstoß – ist also ein Win-Win für Klima und Budget.  Unklar bleibt im Programm, wann die entsprechenden Reformen kommen und wie sie aussehen sollen. Je früher diese Maßnahmen erfolgen, desto mehr Steuergeld kann eingespart und Emissionen vermieden werden. Allein mit der Reform von Pendlerförderung, Dienstwagenprivileg und Dieselprotektionismus könnte der Staatshaushalt jährlich um über einer Milliarde Euro entlastet werden.

Nachhaltige Mobilität 
Im Mobilitätskapitel spricht die neue Regierung von Technologieoffenheit und bringt damit ineffiziente Technologien zurück in eine geklärte Debatte. Im Mobilitätsbereich ist wissenschaftlich klar: E-Autos sind deutlich effizienter als mit Wasserstoff oder E-Fuels betriebene Fahrzeuge. Hier braucht es vor allem Technologieklarheit, um wertvolle Energiequellen wie Wasserstoff, gezielt dort einzusetzen, wo sie wirklich gebraucht werden: in der Industrie. Das Ziel den Import von fossilen Treibstoffen zu reduzieren, ist gut, der Fokus sollte jedoch klar auf die Elektrifizierung und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs gesetzt werden. Der öffentliche Verkehr soll, laut Regierungsprogramm, zwar ausgebaut und stufenweise dekarbonisiert werden, konkrete Ziele und Pläne werden jedoch nicht genannt. Die Beibehaltung eines leistbaren Klimatickets ist positiv.

Förderung von Zukunftstechnologien 
Die Regierung spricht von Schlüsseltechnologien für Wertschöpfung und Arbeitsplätze, bleibt jedoch unkonkret. Wichtige Zukunftstechnologien wie Speichertechnologien, erneuerbare Energien und Wärmepumpen, oder auch Technologien zur Elektrifizierung der Industrie werden nicht explizit erwähnt. Hier braucht es eine klare Fokussierung und Priorisierung für den gezielten Auf- und Ausbau effizienter, bereits marktreifer Lösungen.

Elektrifizierung der Industrie 
Die Elektrifizierung der Industrie ist einer der größten Hebel für die Reduktion österreichischer Emissionen. Trotz hoher Priorität des Industriesektors im Regierungsprogramm wird ihre Elektrifizierung nicht konkret thematisiert. Ein starker Fokus wird jedoch auf CO2-Speichertechnologien gelegt, gerade für Sektoren, die – beispielsweise durch Prozessemissionen – schwer vollständig dekarbonisieren können. Ein klares Bekenntnis, dass CO2-Speicherung immer nur als letzter Hebel, nicht jedoch anstelle von tatsächlicher CO2-Reduktion verwendet werden muss, fehlt allerdings.

Stärkung der Kreislaufwirtschaft
Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft schafft strategische Unabhängigkeit von kritischen Rohstoffen. Das Regierungsprogramm betont diese Aspekte richtig und stellt wichtige Maßnahmen in Aussicht. Gesetze und Vorschriften, die zirkuläre Geschäftspraktiken behindern, sollen reformiert werden, zum Beispiel im Abfallrecht. Das ist zentral, um Abfälle als Sekundärrohstoffe weiterverarbeiten zu können und sie nicht mehr zu benachteiligen. Da Europa und auch Österreich bei vielen Metallen und kritischen Rohstoffen keine eigenen Vorkommen hat, ist dies ein wichtiger Schritt, nicht nur für mehr nachhaltige Produktion, sondern auch für die Verringerung von Abhängigkeiten. Wichtig ist hier vor allem, dass bereits verwendete kritische Rohstoffe nicht als Abfall exportiert, sondern weiterverwendet werden.

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