Zum Hauptinhalt springen

Klimadiskurs-Monitoring 2025: Wie Österreich über Klima spricht

Analyse Klimadebatte
Dienstag, 29.04.2025
Das „Klimadiskurs-Monitoring 2025“ des KONTEXT Instituts für Klimafragen fasst die Klimadebatte in Österreich in Zahlen und erläutert Strategien für konstruktiven Diskurs.

Das Superwahljahr 2024 hat auch in der Klimadebatte Spuren hinterlassen. Klimathemen haben in den Wahlkämpfen meist nur eine untergeordnete Rolle gespielt, wurden aber kontroverser diskutiert. Das spiegelt sich auch in der heimischen öffentlichen Debatte wider: Klimapolitische Inhalte waren im medialen Diskurs in Österreich im Jahr 2024 weniger präsent als im Jahr davor.  Zwar wird die Klimadebatte überwiegend konstruktiv geführt. Immer häufiger werden jedoch notwendige Maßnahmen und konkrete Entscheidungen durch verschiedene Strategien verschleppt [1]. Dazu werden Ängste geschürt, Verantwortung abgeschoben, Desinformation verbreitet und Zweifel gesät. Das zeigt unsere neue umfassende KONTEXTANLAYSE: das „Klimadiskurs-Monitoring 2025“.

Die zentralen Ergebnisse auf einen Blick:

  • Klimathemen waren 2024 in österreichischen Medien weniger präsent als 2023
  • Konstruktive Aussagen überwiegen, aber verschleppende Aussagen nahmen zu
  • SPÖ und Grüne eher konstruktiv, ÖVP und FPÖ eher verschleppend
  • Politik bestimmend, Wissenschaft konstruktiv, Aktivist:innen weniger präsent
  • Konstruktiver Diskurs: Lösungen und Mehrwert zeigen, Verantwortung übernehmen

Wie bereits im Vorjahr hat KONTEXT für die Studie einen repräsentativen medialen Datensatz des Meinungsforschungsinstituts FORESIGHT ausgewertet. Nachdem der Schwerpunkt der ersten Ausgabe der Studie auf Verschleppungstaktiken lag, steht heuer der konstruktive Diskurs im Fokus. Begleitend zur quantitativen Studie hat KONTEXT dazu Strategien für einen konstruktiven Diskurs erarbeitet, die zeigen, wie klimapolitische Maßnahmen und Entscheidungen beschleunigt werden können.

Klimadebatte wird kontroverser

Klimaschutz und Klimapolitik waren 2024 im medialen Diskurs deutlich weniger präsent als noch im Vorjahr. Die Zahl der klimapolitischen Aussagen in den analysierten Medien ging um 13 Prozent zurück. Gleichzeitig hat sich die Tonalität verändert: Zwar überwiegen weiterhin konstruktive Aussagen. Doch der Anteil der Aussagen, die klimapolitische Maßnahmen und Entscheidungen verschleppen, ist von 16 Prozent auf 28 Prozent deutlich gestiegen. 

Bestimmt wurde der Diskurs im Jahr 2024, wie schon 2023, von Politiker:innen. Sie wandten häufiger Verschleppungstaktiken an als andere Akteursgruppen. Während SPÖ und Grüne vorwiegend konstruktiv über Klimapolitik sprachen, zeigte sich bei ÖVP und FPÖ ein anderes Bild: Sechs von zehn der klimapolitischen Aussagen der ÖVP und sogar neun von zehn der FPÖ tragen zum Verschleppungsdiskurs bei. Wissenschafter:innen hingegen argumentierten überwiegend konstruktiv. Aktivist:innen waren 2024 deutlich weniger präsent als im Jahr davor.

Energie und Mobilität im Fokus der Debatte

Inhaltlich dominierten die Themen Energie und Mobilität den klimapolitischen Diskurs. Je nach Thema zeigen sich erhebliche Unterschiede im Anteil verschleppender und konstruktiver Aussagen. Die Debatte um Gebäude und Wohnen, Folgen der Klimakrise und Anpassungsmaßnahmen wird überwiegend konstruktiv geführt. Besonders oft verschleppt wurde hingegen beim Renaturierungsgesetz. Dieses fand auch am häufigsten Erwähnung, wenn es um konkrete Maßnahmen ging, gefolgt vom Ende der Neuzulassungen für Verbrenner-Autos. 

Wird konkret über Technologien gesprochen, stehen Energien und Elektrifizierung im Vordergrund. Besonders polarisierend wird über den Verkehrsbereich debattiert, wo medial effiziente Lösungen gegen fossile Technologien und Scheinlösungen wie E-Fuels abgewogen werden. Der Blick auf unterschiedliche Akteursgruppen zeigt, dass fossile Technologien tendenziell häufiger von Politiker:innen in den Diskurs eingebracht werden. 

Von Verschleppung zu Beschleunigung im Klimadiskurs 

Wie über Klimapolitik öffentlich gesprochen wird, ist zentral dafür, welche klimapolitischen Maßnahmen und Entscheidungen umgesetzt werden. Begleitend zu den qualitativen Ergebnissen der Studie hat KONTEXT Strategien entwickelt, um den Klimadiskurs konstruktiv voranzubringen. 

Demnach erweist sich die Kommunikation dann als konstruktiv, wenn sie legitime Bedenken aufnimmt, wirksame Lösungen anbietet und den wirtschaftlichen, sozialen und sicherheitspolitischen Mehrwert von klimapolitischen Maßnahmen hervorhebt. Ein weiterer Faktor für konstruktiven Diskurs ist die Übernahme von Verantwortung – gerade von jenen, die in dem Thema viel Handlungsmacht besitzen, wie Politik und Unternehmen. 

Die Strategien für eine konstruktive Klimadebatte im Detail gibt es hier.

Fazit 

Klimapolitik rückt in der öffentlichen Debatte ein Stück weit in den Hintergrund. Inmitten wirtschaftlicher und geopolitischer Spannungen bekommen Fragen der Sicherheit, Unabhängigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Ungleichgewichte zunehmend Relevanz – auch in Österreich. Die Ökologisierung von Wirtschaft und Gesellschaft hängt jedoch mit all diesen Fragen zusammen. Mehr noch: Sie kann einen erheblichen Beitrag zu deren Antworten leisten. Ambitionierte Maßnahmen zur Ökologisierung bremsen nicht nur die Klimakrise, sondern reduzieren teure Abhängigkeiten von fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas und stärkt so die geopolitische, ökonomische und soziale Sicherheit. Gleichzeitig können Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Diesen Mehrwert zu erkennen ist zentral dafür, um klimapolitisch, wirtschaftspolitisch und sicherheitspolitisch voranzukommen. Gleichzeitig gilt es aber auch, Verantwortung zu übernehmen. Im Fall der Bundesregierung würde das etwa bedeuten, dass sie den Zielen und Absichten im Regierungsprogramm rasch konkrete Maßnahmen folgen lässt.

[1] Verschleppungstaktiken basieren auf der Publikation "Discourses of Climate Delay" von Lamb et al. (2020).

Mehr zum Thema

swiper-icon-prev
swiper-icon-next

29.04.2025

Konstruktiv kommunizieren klimadiskursmonitoring 2025

Wie wir den Klimadiskurs konstruktiv gestalten

Auf welche Weise über Klima gesprochen wird, beeinflusst, welche Entscheidungen getroffen und welche Maßnahmen gesetzt werden. Begleitet zum Klimadiskurs-Monitoring 2025 hat KONTEXT Strategien entwickelt, um die Debatte konstruktiv zu gestalten.

Artikel Klimadebatte

29.01.2025

Pexels cristian rojas 8853507

Studie: Grüne Transformation statt Stillstand

Klimaschutz ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Das verdeutlicht eine neue Studie von der Boston Consulting Group (BCG) und KONTEXT.

Analyse Erneuerbare Energie Klimadebatte

19.09.2024

Vorschaubild Umfrage NR Wahl

Umfrage: Wähler:innen aller Parteien wollen mehr Klimaschutz

Fast alle Parteien hinken dem klimapolitischen Willen ihrer Wähler:innen hinterher. Das zeigt eine neue Umfrage des KONTEXT Institut für Klimafragen anlässlich der Nationalratswahl.

Umfrage Klimapolitik Technologien Klimadebatte

28.08.2024

Pocketguide De

KONTEXT Pocketguide

In Österreich wird die Klimakrise kaum noch geleugnet. Stattdessen werden Verschleppungstaktiken angewendet, um Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern bzw. zu verzögern. Dieser Guide hilft, Verschleppungstaktiken zu identifizieren und gegen drei weitverbreitete Irrtümer in der Klimadebatte zu argumentieren.

Klimadebatte

15.05.2024

Falschinformation

Klima: 80 Prozent fühlen sich vor Wahlen falsch informiert

Denken die Menschen längst weiter als die Politik? Eine neue Umfrage legt das nahe, sagt Katharina Rogenhofer.

Kommentar Klimapolitik Klimadebatte

25.04.2024

KONTEXTANALYSE Klimadebatte in Österreich COVER 02 1

Kontextanalyse: Wer die österreichische Klimadebatte bestimmt, wer Maßnahmen verschleppt

Mit steigender medialer Aufmerksamkeit für Klimathemen ändert sich auch die Debatte zu klimapolitischen Entwicklungen in Österreich: Mittlerweile stehen weniger die Existenz der Klimakrise oder klimawissenschaftliche Erkenntnisse im Fokus. Vielmehr wird über konkrete Maßnahmen, Gesetze oder Ziele diskutiert. Das neue „Klimadiskurs-Monitoring 2024“, im Auftrag von KONTEXT von FORESIGHT durchgeführt, zeigt, dass manche Akteur:innen mehr Klimaschutz und schnelleres Handeln fordern, andere jedoch konkrete Entscheidungen und Maßnahmen verschleppen.

Analyse Klimadebatte Klimapolitik

20.03.2024

Headerbild Technologieklarheit

[KON]KLUSIO: Mit Technologieklarheit gegen Trugbilder

Technologische Entwicklungen spielen eine zentrale Rolle für eine klimaneutrale Gesellschaft und Wirtschaft. Häufig werden jedoch Technologien als vermeintliche Lösungen beworben, die noch nicht marktreif oder in der breiten Anwendung ineffizient sind. Solche Technik-Trugbilder verschleppen den Ausbau jener klimafreundlichen Technologien, die bereits zur Verfügung stehen und sich als wirksam, effizient und kostengünstig erwiesen haben. Um für Planungssicherheit zu sorgen und Ressourcen bestmöglich einzusetzen, braucht es deshalb Technologieklarheit.

Analyse Erneuerbare Energie Klimadebatte Technologien

08.03.2024

Headerbild Die Sachemitdem Boden

Die Sache mit dem Boden

Täglich gehen in Österreich rund 12 Hektar – also 12 große Fußballfelder – an natürlichem Boden verloren. Diese werden vorrangig von Siedlungsflächen, Straßen und Gewerbegebieten in Anspruch genommen. Mehr als die Hälfte davon wird versiegelt. Um die Versiegelung ist kürzlich eine politische Debatte entbrannt. Der Auslöser: Vertreter:innen von Bundesländern, Gemeinde- und Städtebund haben eine „Bodenstrategie“ beschlossen. Allerdings ohne die Bundesregierung und ohne Obergrenze für den Bodenverbrauch.

Artikel Klimadebatte