Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at.
Mit dem Regierungsprogramm in Österreich und dem Clean Industrial Deal in der EU sind die Weichen für die Klimapolitik der kommenden Jahre gestellt. Die Ziele bleiben weitgehend gleich, auf Maßnahmenebene fällt das Fazit ernüchternd aus. Doch pragmatisch sein heißt 2025, die großen Herausforderungen zu meistern. Und dafür braucht es aktive Klimapolitik.
Die Wahlen sind geschlagen, die Regierungsverhandlungen abgeschlossen. In Wien nimmt eine Bundesregierung ihr Amt auf, die dem Klimaschutz so viel Priorität gibt, wie keine zuvor, und dem Thema ein eigenes Ministerium widmet. Gleichzeitig legt die EU-Kommission in Brüssel ein klimapolitisches Programm vor, das in seinen Ambitionen auf der Welt und in der Geschichte kein Beispiel kennt.
Das war vor fünf Jahren. Heute klingt die Lagebeschreibung deutlich nüchterner.
Die Wahlen sind geschlagen, die Regierungsverhandlungen abgeschlossen. In Wien nimmt eine Bundesregierung ihr Amt auf, für die der Klimaschutz eine geringere Priorität hat und die das frühere Superministerium wieder in Einzelteile demontiert. Gleichzeitig legt die EU-Kommission in Brüssel mit dem Clean Industrial Deal ein politisches Programm vor, das tunlichst vermeidet, die Wörter "Klima" oder "grün" zu erwähnen. Aber der Reihe nach.
Die Ziele bleiben weitgehend aufrecht
2025 ist nicht 2020. Die Welt ist eine andere. Die Wirtschaft in Österreich und der gesamten EU kämpft mit strukturellen Problemen: Hohe Energiepreise und eine zunehmende globale Konkurrenz bei wichtigen Zukunftstechnologien schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. In Österreich klafft zudem ein Budgetloch, das die politische Manövrierfähigkeit deutlich einschränkt.
Viele könnten nun meinen, ein gewisser Pragmatismus sei angebracht. Es kann schließlich nicht immer um Klimathemen gehen. Dass jedoch gerade die empfindliche Abhängigkeit von Gasimporten für hohe Energiepreise sorgte und langfristig stabile und günstige Energie nur mit dem Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen ist, wird dann oft geflissentlich übergangen.
Globale Wettbewerbsfähigkeit gibt es nur, wenn wir auf die Technologien der Zukunft, statt jene der fossilen Vergangenheit setzen. Arbeitsplätze schafft das auch noch. Kurz: die wirtschaftliche Lage in Österreich bessert sich nur mit klimapolitischen Maßnahmen.
Das Positive am Regierungsprogramm und dem Clean Industrial Deal: Die Ziele bleiben weitgehend aufrecht. Die neue Regierung rückt nicht von der Klimaneutralität bis 2040 ab. Zehn Jahre später soll dieses Ziel dann in der gesamten EU erreicht sein. Richtige Absichten zeigen sich auch in manchen Maßnahmen, in vielen Bereichen klaffen Lücken.
Ausbau erneuerbarer Energie
Die neue Regierung will umsetzen, was die EU-Maßnahmen der vergangenen Jahre erfordern. Dringend notwendige Gesetze, wie das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), sollen noch vor dem Sommer dieses Jahres beschlossen werden.
Für den beschleunigten Ausbau und die Flexibilisierung von erneuerbaren Energien, Speichern und Netzen sind diese Maßnahmen zentral. Mittels Garantien sollen Energieprojekte besichert und deren Umsetzung erleichtert werden.
Wien und Brüssel gehen in diesem Bereich in die richtige Richtung. In Österreich sind nun vor allem die Bundesländer in der Pflicht, genügend Flächen etwa für Windkraft auszuweisen. Zusätzlich ist es notwendig, personelle Ressourcen für Genehmigungsverfahren zu erhöhen.
Förderung von Zukunftstechnologien
Die Regierung nennt Schlüsseltechnologien die "Grundlage für eine innovative Zukunft" und verspricht sich davon "Wertschöpfung und Arbeitsplätze". Konkrete Maßnahmen dafür bleibt das Programm aber schuldig. Wichtige Zukunftstechnologien wie Speichertechnologien, erneuerbare Energien und Wärmepumpen, oder auch Technologien zur Elektrifizierung der Industrie werden nicht erwähnt.
Auch im Bereich Mobilität kommt mit der Erwähnung von E-Fuels ein altbekannter Strohmann auf. Hier besteht die Gefahr, dass ineffiziente Technologien anstelle von bereits marktreifen und effizienteren Alternativen gefördert werden. Denn der Wirkungsgrad von E-Fahrzeugen – also der Anteil der eingesetzten Energie, die auch tatsächlich zum Fahren genutzt werden kann – liegt bei 81 Prozent, während jener von E-Fuels nur bei 14 Prozent liegt. Eine reine Verschwendung von Energie.
Aus der EU werden jedenfalls rechtliche Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung von Zukunftstechnologien angekündigt. Neue Finanzierungsmöglichkeiten sollen die Entwicklung und Skalierung fördern und damit mehr Angebot schaffen. Durch neue Regeln für die öffentliche und private Beschaffung soll mehr Nachfrage entstehen.
Sowohl das Regierungsprogramm, als auch der Clean Industrial Deal versäumen es aber, einen klaren Fokus auf jene Technologien zu legen, in denen EU und Österreich bereits heute stark sind. In Österreich wären das etwa erneuerbare Wärme, industrielle Elektrifizierung, Maschinenbau und Rohstoffaufbereitung.
Stärkung der Kreislaufwirtschaft
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Maßnahmen zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Es ist richtig, dass sowohl die EU, als auch Österreich das wirtschaftliche, aber auch sicherheitspolitische Potenzial der Kreislaufwirtschaft erkennen.
So will die neue Regierung gesetzliche Hindernisse für zirkuläre Geschäftspraktiken abbauen, etwa im Abfall-Recht. Sekundärrohstoffe (Abfall und recycelte Materialien) sollen nicht weiter gegenüber Primärrohstoffen benachteiligt werden. Auf EU-Ebene sollen der Binnenmarkt für Rohstoffe und recycelte Produkte gestärkt werden und Exporte von Rohstoffabfällen stark beschränkt werden.
Leider legen jedoch beide Programme keinen Fokus auf Ressourcenschonung und auch nicht auf Bereiche, in denen die EU und Österreich bereits stark sind. Österreich hat großes Know-how in der Rückgewinnung kritischer Rohstoffe, besonders in Bereichen wie der Metallverarbeitung, dem Baustoff- und Kunststoffrecycling und der Aufbereitung industrieller Nebenprodukte.
Viele Fragezeichen bei Mobilität und klimaschädlichen Förderungen
Dass die im Regierungsprogramm erwähnten Ziele häufig nicht mit konkreten Maßnahmen unterlegt sind, zeigt sich auch an vielen anderen Stellen im Regierungsprogramm. Zwar sollen beim Heizen die Emissionen sinken, ein verbindliches Ausstiegsdatum aus fossilen Heizsystemen gibt es aber nicht. Ölheizungen kommen explizit gar nicht vor.
Bei der "schrittweisen Ökologisierung" klimaschädlicher Subventionen gibt es weder Details zu konkreten Maßnahmen, noch einen Zeitplan. Dabei gilt: je früher sie reformiert wird, desto mehr Steuergeld wird gespart und desto mehr Emissionen werden vermieden.
Mit klugem Sparen bei klimaschädlichen Anreizen kann das massive Budgetloch im kommenden Jahr teilweise gestopft werden. Erneuerbare Energien bringen stabile Energiepreise, was wiederum die Menschen und die Industrie entlastet, während Zukunftstechnologien und Kreislaufwirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit stärken und Arbeitsplätze schaffen.
All das sind Win-Win-Win Maßnahmen für die Wirtschaft, die Menschen im Land und das Klima. Dafür braucht es, neben der Verkündung von Zielen, vor allem eine konkrete Umsetzung, nicht nur auf allen politischen Ebenen, sondern auch von Interessenvertretungen und Unternehmen.
Pragmatismus 2025 heißt, anders als das die Weltlage vermuten ließe, Klimaschutz ernst zu nehmen. Denn nur dadurch wird die Lagebeschreibung in fünf Jahren deutlich weniger nüchtern ausfallen.