Die letzte Regierung vor 2030: Koalitionen im Klimacheck

Analyse Klimapolitik Erneuerbare Energie Wirtschaft
Donnerstag, 26.09.2024
Eine neue Analyse von KONTEXT zeigt anhand der Wahlprogramme und Parteipositionen, welche Klimapolitik in möglichen Regierungskonstellationen zu erwarten ist und ob Österreich damit seinen Verpflichtungen gerecht wird.

Um die EU-Klimaziele zu erreichen, muss Österreich bis 2030 seinen Treibhausgasausstoß um 48 Prozent senken. Die nächste Regierung ist die letzte, die die Weichen für eine Ökologisierung der Gesellschaft und Wirtschaft stellen kann. Andernfalls ist Österreich nicht nur zu hohen Strafzahlungen verpflichtet, sondern trägt dazu bei, dass die Folgen der Klimakrise, wie Extremwetterereignisse und Hochwasser, immer drastischer werden.

Eine neue KONTEXT-Analyse anlässlich der Nationalratswahl zeigt: Potenzial für die notwendigen Weichenstellungen bieten besonders die möglichen Dreierkoalitionen von ÖVP und SPÖ mit NEOS oder Grünen. Bei einer FPÖ-ÖVP-Koalition scheint hingegen in den analysierten Themenfeldern ein Stillstand oder Rückschritt in der Klimapolitik wahrscheinlich.

Chancen und Hürden für die Klimapolitik

Die Autorinnen haben für die Analyse die Einstellungen der Parteien im Nationalrat zu sechs zentralen klimapolitischen Themen untersucht. Während sich für bestimmte Maßnahmen, wie etwa den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, alle Parteien grundsätzlich aussprechen, wurden sechs Themenfelder ausgewählt, die besonders unterschiedliche Haltungen zu klimarelevanten Themen aufzeigen und in der österreichischen Klimadebatte aktuell diskutiert werden:

  • Klimaneutralität bis 2040 verbindlich festlegen
  • Von fossiler auf erneuerbare Energie umsteigen
  • Ökologisierung der Wirtschaft vorantreiben
  • CO₂-Bepreisung fortführen
  • Klimaschädliche Subventionen abschaffen
  • Elektromobilität vorrangig ausbauen

Herangezogen wurden für die Analyse die Wahlprogramme der jeweiligen Parteien sowie ergänzende öffentliche Aussagen. Die klimapolitischen Positionen der derzeit im Nationalrat vertretenen Parteien zeigt deutliche Unterschiede, die sich auch in den kommenden Regierungsverhandlungen niederschlagen werden. Für die möglichen Regierungsprogramme, die daraus entstehen, ergeben sich teils Chancen, teils klimapolitische Hürden.

Rückschritte unter Blau-Schwarz zu erwarten

In einer Koalition der ÖVP mit der FPÖ wäre die Festlegung von verbindlichen Zielen zur Erreichung von Österreichs Klimaneutralität höchst unwahrscheinlich, da sich weder ÖVP noch FPÖ zu verpflichtenden nationalen Emissionspfaden bekennen. Erneuerbare Energien würden voraussichtlich weiter ausgebaut werden, jedoch ohne hohe Priorität. Öl und russisches Gas würden auf unbestimmte Zeit importiert werden. Klimaschädliche Subventionen würden großteils bestehen bleiben und potenziell sogar erhöht. Die Zukunft der nationalen CO₂-Bepreisung (inkl. Klimabonus) wäre ungewiss.

Sowohl FPÖ als auch ÖVP sehen in der Ökologisierung der Wirtschaft eher eine Gefahr als eine Chance für Österreich. Die FPÖ leugnet den menschengemachten Klimawandel generell. Unter diesen Voraussetzungen sind deutliche Rückschritte für die österreichische Klimapolitik zu erwarten.

Chancen in einer Dreierkoalition

Bei den möglichen Dreierkoalitionen gibt es aufgrund der unterschiedlichen Positionen mehr Ungewissheit, welche Maßnahmen umgesetzt würden. Zusammen hätten die SPÖ und die NEOS oder die Grünen voraussichtlich jedoch ein größeres politisches Gewicht als die ÖVP. Daher ist jedenfalls zu erwarten, dass die Standpunkte, in denen SPÖ und NEOS bzw. Grüne übereinstimmten, eher durchgesetzt werden als in einer ÖVP-SPÖ Koalition, in der die ÖVP vermutlich der größere Koalitionspartner wäre.

Demnach sind ambitioniertere Maßnahmen für die Energiewende sowie den Netzausbau in einer Regierung aus ÖVP, SPÖ und Neos eher zu erwarten. Zudem wäre es wahrscheinlicher, dass die CO₂-Bepreisung weitergeführt werden würde, da dies eine Priorität der NEOS ist.

Im Vergleich dazu ist von einer Koalition aus ÖVP, SPÖ und Grüne wohl ein stärkerer Fokus auf den Umbau der Industrie und die notwendige Elektrifizierung zu erwarten. Zudem würden sich die Grünen voraussichtlich stärker als die NEOS gegen weitere Förderungen von E-Fuels im Individualverkehr einsetzen. Dadurch könnte die Verkehrswende in der Koalition effizienter ablaufen.

Wie es nach der Wahl weitergeht

Für eine Klimapolitik, die ökologisch sinnvoll, sozial verträglich und wirtschaftlich machbar ist, sind nicht nur die Einzelmaßnahmen an sich, sondern ihr Zusammenspiel entscheidend. Bis 2030 stehen wesentliche Klimaziele auf dem Spiel – nicht nur für Österreich, sondern auch die internationale Gemeinschaft. Die nächste Regierung wird die Weichen für eine Ökologisierung der Gesellschaft und Wirtschaft stellen – oder diesen notwendigen Umbau versäumen. Gelingt es, die erforderlichen politischen Maßnahmen umzusetzen, birgt das enorme Chancen – nicht nur für unsere Umwelt, sondern auch für Gesundheit, Wirtschaft und Sicherheit.

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