Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at.
Klimaschutz, um unsere Lebensgrundlage zu sichern, die Wirtschaft zu transformieren, dem Artensterben entgegenzuwirken – die EU ist dran. Dabei gibt sie hauptsächlich Ziele und einen gesetzlichen Rahmen vor. Die Mitgliedstaaten müssen dann Wege finden, die für das jeweilige Land passen. Für die Erreichung der Klimaziele etwa müssen von jedem Mitgliedsstaat selbst ausgewählte Maßnahmen in Form eines nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) eingemeldet werden. Am Sonntag, 30. Juni, war die Deadline dafür. Dass Brüssel bisher nicht einmal einen Entwurf von Österreich begutachten konnte, ist nicht nur blamabel, sondern auch fahrlässig.
Was in den nationalen Klimaplänen drinstehen mussDer Energie- und Klimaplan soll sowohl Bürger:innen als auch Unternehmen zeigen, wie sich Österreich den Fahrplan zu diesem Ziel vorstellt und dadurch Planungssicherheit bieten. Ein erster Entwurf wurde vom Klimaministerium vergangenes Jahr veröffentlicht. Auf dessen Grundlage berechnete das Umweltbundesamt, dass selbst bei Umsetzung aller geplanten Maßnahmen immer noch eine Lücke von 13 Prozent bis zum Ziel verbliebe. Der Plan war also nicht ausreichend. Das Ministerium regte daher alle Institutionen an, im Zuge von Stellungnahmen weitere Ideen einzumelden, um die Lücke zu schließen. Der unvollständige Entwurf ging derweil – zu spät – für eine Rückmeldung nach Brüssel. Doch er blieb nicht lange dort.
Als Bürger:innen dürfen wir erwarten, dass sich die Regierung konstruktiv an komplexe Themen heranwagen. Vor allem, wenn sie so wichtig für die Gegenwart und Zukunft aller in Österreich lebenden Menschen sind. Das Mittel der Wahl: konstruktive Kritik. Verbesserungsvorschläge. Verhandlungen. Abschlüsse. Sagt eine Seite ausschließlich nein, ohne mitzuteilen, was sie ändern will, wird die Lösungsfindung schwierig und produktive politische Arbeit wird unmöglich.
Auch die sinnvolle Einbeziehung von Wissenschaft, Umweltorganisationen, Verwaltung, Parteien und Interessensvertretungen und der Bevölkerung leidet darunter. Denn offiziell sollen die Erstellung der Pläne auch unter Einbeziehung der Öffentlichkeit passieren. Nachdem die ÖVP den Erstentwurf jedoch fundamental abgelehnt hat, wird ein neuer Plan – selbst bei Einigung – wohl ganz anders aussehen. Wie genau ist unklar und Begutachtung wird es dann keine mehr geben. Demokratiepolitisch ist das nicht ideal, abgesehen davon, dass es auch auf EU-Ebene kein gutes Licht auf Österreich wirft.
Das Umweltministerium hat darum gebeten, die Frist bis nach dem Sommer zu verlängern. Bis zur Nationalratswahl im September hätte die Regierung dann noch Zeit, um sich auf einen überarbeiteten Entwurf des NEKP zu einigen und ihn bei der EU-Kommission einzureichen. Ob diese Einigung gelingen wird, ist unklar, wie der Entwurf dann aussieht, ob er für die Erreichung der Klimaziele ausreicht, ob die bisherigen Stellungnahmen ernst genommen werden, ebenso. Wird er nicht eingereicht, hinterlässt die Regierung der Nächsten wohl zwei Vertragsverletzungsverfahren. Eines hat die EU wegen des fehlenden Entwurfs bereits eingeleitet, ein zweites dürfte nun nach Verpassen der neuerlichen Frist folgen. Das wäre kein gutes Erbe einer Regierung.
Neben einem nationalen Klimaplan mangelt es Österreich auch an weiteren Entscheidungen: Das Elektrizitätswirtschaftsgesetz Gesetz ist noch ausständig, auf ein Klimaschutzgesetz wartet Österreich seit 2020. Dabei sollte die Ökologisierung möglichst mutig und ambitioniert vorangetrieben werden: denn sie bringt viele Vorteile und ohne sie können wir unseren Wohlstand und unsere Sicherheit nicht aufrechterhalten. Klimapolitische Maßnahmen zu verschleppen, bedeutet im Umkehrschluss, Ungewissheit ans Steuer zu lassen. Und das wäre fahrlässig.