Technologien zur Produktion, Speicherung und Nutzung erneuerbarer Energien sind entscheidend für die Ökologisierung der Wirtschaft. Europa steht bei der Entwicklung dieser Sektoren jedoch noch am Anfang. Für die nächste EU-Kommission bedeutet das eine große Chance: Die Stärkung einer europäischen Produktion grüner Technologien würde sich enorm positiv auf Wirtschaft und Arbeitsplätze auswirken: Allein die Produktionsverlagerung von fünf Schlüsseltechnologien in die EU lässt die Wirtschaftsleistung um rund 18,4 Milliarden Euro steigen und schafft 243.000 Arbeitsplätze. Das zeigt eine neue Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) im Auftrag von KONTEXT.
Derzeit ist die Europäische Union bei einigen grünen Technologien auf Importe angewiesen. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Würde die EU die Fertigung fünf definierter Schlüsseltechnologien – Elektroautos, Photovoltaik, Windkraftanlagen, Batterien und elektrische Motoren – selbst übernehmen, hätte das einen stark positiven Gesamteffekt auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Europäischen Union: ein Plus von rund 18,4 Milliarden Euro. Die Produktion von Elektroautos (+ 8,8 Milliarden Euro) trägt dabei am stärksten zur Steigerung der Wirtschaftsleistung bei, gefolgt von Photovoltaik (+ 4,7 Milliarden Euro) und Batterien (+ 2,6 Milliarden Euro).
Österreichs Wirtschaftsleistung würde durch die Produktionsverlagerung derzeit um rund 560 Millionen Euro wachsen. Länder mit bestehenden Produktionsstandorten profitieren besonders von einer Verlagerung der Produktion, da die notwendige Infrastruktur bereits besteht. Daher entfällt ein großer Teil des Wachstums auf Länder in Ost- und Zentraleuropa wie Tschechien und Slowenien sowie andere industriebasierte Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland.
„Im Vergleich zu 2010 hat sich der potenzielle Markt bereits verdoppelt. In allen Analysen zu den globalen Investitionen und Nachfrage zeigt sich in den betrachteten Sektoren ein starkes Wachstum. Die Ökologisierung ist ein Megatrend“, erklärt Florian Maringer, bei KONTEXT als Vorstand zuständig für Strategie und Analyse.
Auch auf die Beschäftigung hat die Produktionsverlagerung der fünf Schlüsseltechnologien einen deutlich positiven Effekt: 243.000 Arbeitsplätze entstehen, der Großteil davon durch die Produktion von Elektroautos. Auf Österreich entfielen davon rund 5.100 neue Jobs. In absoluten Zahlen am stärksten wachsen würde die Beschäftigung in Deutschland mit rund 70.000 neuen Jobs, was einem Drittel aller neuen Arbeitsplätze entspricht. „Die Studie zeigt deutlich, wo die nächsten EU-Kommission in Sachen Wirtschaft Prioritäten setzen sollte. Der Ausbau grüner Technologien in der EU lässt sich als Turbo für Wirtschaft und Arbeitsplätze einsetzen“, so Maringer.
Neben den direkten Effekten wirkt sich eine Verlagerung der Produktion auch auf die gesamten Wertschöpfungsketten positiv aus. Wird etwa die Produktion von Elektroautos ausgebaut, steigert das auch die Nachfrage nach Komponenten der Automobilindustrie, Batterien und Dienstleistungen wie Softwareentwicklung und Vertrieb. Das führt gerade in der Zulieferindustrie zu einer deutlichen Expansion und wirkt sich auch positiv auf angrenzende Sektoren aus. Neben der Automobilindustrie profitieren etwa die Computer-, Elektronik- und Optikindustrie sowie die Elektroindustrie. Aber auch die Dienstleistungssektoren wachsen. „Selbst wenn wir nur wenige Technologie und Komponenten betrachten und detaillierte Netzwerkeffekte ausblenden, zeigen sich durch eine Verlagerung der Produktion bereits enorm positive Effekte. Das tatsächliche Potential grüner Technologien und ihrer gesamten Produktionsketten liegt voraussichtlich deutlich höher“, erklärt Maringer und fügt abschließend hinzu: „Für Österreich wird es also standortentscheidend sein, ob wir die Ökologisierung als Chance nützen.“