Am Mittwoch hat die EU-Kommission mit dem Clean Industrial Deal das Herzstück der EU-Klima- und Wirtschaftspolitik für die kommenden Jahre vorgelegt. KONTEXT hat das Gesetzespaket analysiert.
Hohe Energiepreise und zunehmender internationaler Wettbewerb bringen die EU in Bedrängnis. Der Clean Industrial Deal soll dem entgegenwirken. Das KONTEXT Institut für Klimafragen hat das neue Gesetzespaket genauer unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Die EU-Kommission erkennt die richtigen Handlungsfelder, bietet aber nur vereinzelt neue Antworten, wie die die Schaffung von Leitmärkten und eines Marktes für Sekundärrohstoffe und Energieverträge. Zu Recht nimmt sie in ihren Maßnahmen aber die EU-Mitgliedsländer stärker in die Pflicht, die in der Umsetzung der EU-Klimapolitik häufig säumig sind.
"Die Ziele, die die EU-Kommission mit dem Clean Industrial Deal vorgibt, sind wichtig. Um in die Umsetzung zu kommen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu stärken, müssen aber alle mitgehen – auch Österreich”, sagt Katharina Rogenhofer, Vorständin von KONTEXT.
KONTEXT setzt den Fokus der Analyse auf drei Bereiche: Leistbare Energie, Zukunftstechnologien und Kreislaufwirtschaft.
Leistbare Energie durch Ausbau erneuerbarer Energien
Um die Energiepreise zu senken, soll der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden. Dafür sollen Investitionen in Energieprojekte mit Garantien abgesichert und Netze ausgebaut werden. Bis 2030 sollen jährlich 100 Gigawatt an erneuerbarer Energiekapazität ausgebaut werden.
Ob dieses Ziel erreicht wird, hängt von den Mitgliedsländern ab, die in der Umsetzung wichtiger EU-Gesetze, wie frühere Strommarktreformen, noch säumig sind. Das betrifft auch Österreich. „Um den EU-rechtlichen Rückstand aufzuholen und den Ausbau in Österreich voranzubringen, muss die neue Regierung das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) endlich beschließen“, sagt Rogenhofer.
Zukunftstechnologien: Mehr Angebot, mehr Nachfrage
Für die Entwicklung und Skalierung von Zukunftstechnologien, wie Batterien und Wärmepumpen, setzt der Clean Industrial Deal auf zwei Hebel: durch neue Finanzierungsmöglichkeiten soll das Angebot von und durch Leitmärkte die Nachfrage nach Zukunftstechnologien und nachhaltigen Produkten, wie grünem Stahl, gesteigert werden. Bis 2030 sollen 40 Prozent der Zukunftstechnologien in der EU produziert werden.
„Österreich ist hat bei vielen Technologien schon großes Know-How“, erklärt Rogenhofer und ergänzt: „Neben grünem Stahl oder erneuerbare Wärme liegt vor allem bei Rohstoffaufbereitung oder Recycling, also der Kreislaufwirtschaft, enormes Potenzial für die heimische Wirtschaft.“
Kreislaufwirtschaft
Bis 2030 will die Kommission die Kreislaufwirtschaftsquote auf 24 Prozent verdoppeln. Gelingen soll das mit einem eigenen Markt für Abfälle und Sekundärrohstoffe und einer Exportbeschränkungen für Rohstoffabfälle. Weitere Details sollen mit einem eigenen Gesetz, dem Circular Economy Act, 2026 geklärt werden.
Lücken im Clean Industrial Deal und weitere Entwicklungen in der EU-Klimapolitik
In den Maßnahmen bietet der Deal nur vereinzelt neue Antworten. Wichtige Schlüsselziele, die etwa den Verbrauch von Energie oder Ressourcen reduzieren oder einen Ausstieg aus fossilen Brennstoff festzulegen, werden gänzlich vermieden. Auch bei Zukunftstechnologien fehlt der notwendige Fokus auf jene Technologien, die bereits skalierbar und in der Breite einsetzbar sind.
Neben dem Clean Industrial Deal hat die Kommission am Mittwoch zwei weitere Vorhaben präsentiert. Zum einen soll das EU-Klimagesetz mit dem nächsten Zwischenziel am Weg zur Klimaneutralität 2050 (-90 Prozent Emissionen bis 2040) ergänzt werden.
Zum anderen will die Kommission Gesetze, wie das EU-Lieferkettengesstz oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinfachen oder in Teilen zurücknehmen.