Zum Hauptinhalt springen

Zehn Schritte zur Energiefreiheit

Analyse Erneuerbare Energie
Montag, 19.05.2025
Was braucht es, um Österreich künftig mit sauberer und leistbarer Energie zu versorgen? Eine neue Studie des KONTEXT Institut für Klimafragen nennt zehn Schritte, die dafür notwendig sind.

Hohe Energie- und Netzkosten belasten Haushalte und Unternehmen. Dabei ist der Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich – bis auf Windenergie – bereits weit fortgeschritten. Doch obwohl erneuerbare Energie den heimischen Stromverbrauch im Jahr 2024 zu 95 Prozent decken konnte, profitieren Industrie und Bevölkerung derzeit kaum von niedrigeren Preisen.

Das KONTEXT Institut für Klimafragen hat das heimische Energiesystem unter die Lupe genommen und zehn Schritte identifiziert, die einen sauberen und effizienten Umbau ermöglichen. Die Analyse kommt zum Ergebnis: Nachhaltig sinken die Kosten erst, wenn Stromerzeugung, Netze, Verbrauchsverhalten und rechtliche Rahmenbedingungen grundlegend auf ein zukunftsfähiges Energiesystem ausgerichtet sind.

Knackpunkte am Weg zur Energiefreiheit

Der Übergang zu einem sauberen und günstigen Energiesystem für Österreich braucht eine langfristige Planung und Koordination auf nationaler und EU-Ebene. Zentral ist ebenso, die Bevölkerung einzubinden, um die soziale Akzeptanz zu steigern, sowie eine gerechte Verteilung der Kosten.

Ein wesentlicher Schritt zur Energiefreiheit ist die Elektrifizierung aller Sektoren: von Industrie über Verkehr bis hin zu Raumwärme. Damit der Umbau gelingt, gilt es, die entsprechenden politischen und technischen Weichen bei der Erzeugung, Verteilung und Verbrauch von Strom zu stellen. 

Weichenstellung bei Erzeugung, Verteilung und Verbrauch

Um den wachsenden Strombedarf durch die Elektrifizierung zu decken, braucht es einen weiteren gezielten Ausbau der erneuerbaren Energie, vor allem der Windkraft. Bei der Erzeugung erneuerbarer Energie ist jedoch nicht nur die Ausbaumenge entscheidend, sondern auch der Standort. Strom sollte dort erzeugt werden, wo er besonders gut genutzt werden kann – etwa dort, wo große industrielle Abnehmer, Speicher oder genügend Netzkapazitäten vorhanden sind. 

Auch der gezielte Ausbau von Netzen und Speicher ist zentral. Intelligente Lösungen sind notwendig, um die Energieverteilung und den -verbrauch zu steuern. Echtzeitinformationen aus Sensorik- und Smart-Meter-Daten, dynamische Strom- und Netzpreise und Flexibilitätsmärkte können dabei nützlich sein. Das entlastet Netze und reduziert deren Ausbaubedarf und somit die Kosten. 

Um die Preise bereits unmittelbar zu senken und zu stabilisieren ist es notwendig, die vorhandenen Hürden für die Eigenstromproduktion von Unternehmen zu senken. Auch Garantien für langfristige Direktstromverträge helfen Industrieunternehmen, direkt von günstigen Erneuerbaren Energien zu profitieren. Haushalte können durch Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften ebenfalls leistbar Energie beziehen. 

Elektrifizierung vorantreiben

Derzeit wird nur knapp ein Viertel des österreichischen Energieverbrauchs durch Strom gedeckt. Der Umstieg auf Strom für Heizen, Mobilität und Industrie ist nicht nur notwendig, um auch in diesen Bereichen von fossilem Öl und Gas auf erneuerbare Energie umzusteigen. Ein höherer Elektrifizierungsgrad macht das Energiesystem auch effizienter, flexibler und langfristig kostengünstiger. 

Strombasierte Anwendungen, wie etwa Wärmepumpen, benötigen deutlich weniger Energie als Öl- und Gasheizungen. Gleiches gilt für E-Mobilität und elektrifizierte industrielle Prozesse. Obwohl der Strombedarf durch die Elektrifizierung steigt, sinkt damit der gesamte Energiebedarf. Fixkosten für Erzeugung, Netze und Speicher werden außerdem auf mehr Abnehmer:innen verteilt und damit kosteneffizienter. Zudem sind viele dieser Anwendungen zeitlich steuerbar und können damit netz- und systemdienlich eingesetzt werden. Der Einsatz von Sektorkopplung, also die Nutzung von Strom in anderen Sektoren, wie z. B. Mobilität, kann neben Speichern dem System helfen: Wenn etwa E-Autos in Haushalten dann geladen werden, sobald Energieüberschüsse bestehen, oder diese zur Wärmebereitstellung in Pufferspeichern genutzt wird. 

Fazit

Erst wenn ein ausreichender Versorgungsgrad durch erneuerbare Energien garantiert ist und der Strom intelligent verteilt und verbraucht wird, sinken die Energiekosten nachhaltig. Der Umbau des Energiesystems hat in Österreich bereits gestartet. Photovoltaik-Anlagen werden ans Netz angeschlossen, die Elektrifizierung von Industrie, Mobilität und Haushalten schreitet voran und auch Netzausbau und Flexibilisierung rücken auf die politische Agenda. Bei smarten Stromzählern oder Energiegemeinschaften ist Österreich bereits heute Vorreiter. Um diese Stärken nutzen zu können und den Umbau leistbar und effizient zu gestalten, braucht es politische Weichenstellungen:

  • Rascher Beschluss des Erneuerbaren-Ausbaubeschleunigungsgesetz (EABG) und des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) um die rechtlichen Rahmenbedingungen für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung und die intelligente Steuerung von deren Verteilung und Verbrauch zu ermöglichen
  • Rechtsrahmen für die Stilllegung von Gasnetzen im Gaswirtschaftsgesetz (GWG)
  • Neue Ausgestaltung von Finanzierungs- und Förderregimen
  • Transparenz über Netzkapazitäten und Ausbaupläne und umfassende Einbindung der Bevölkerung und aller Stakeholder, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu steigern

Mehr zum Thema

swiper-icon-prev
swiper-icon-next

21.02.2025

Gasabhaengigkeit

Drei Jahre Krieg in der Ukraine: Österreichs Gasabhängigkeit nutzte nur Russland

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Risiken der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verdeutlicht. Trotz des Gasstopps aus Russland drohen neue Abhängigkeiten, etwa durch Flüssiggas. Ein Ausweg liegt im Ausbau erneuerbarer Energien.

Analyse Erneuerbare Energie Wirtschaft

14.02.2025

Pexels duncanoluwaseun 189474

Die Klimakrise als Sicherheitsrisiko: Drei Beispiele

Wie die Klimakrise und die strategische Abhängigkeit von Energie und Rohstoffen zu einem wachsenden Sicherheitsrisiko für Österreich und Europa werden, zeigt eine neue Analyse von KONTEXT.

Artikel Sicherheit Erneuerbare Energie

29.01.2025

Pexels cristian rojas 8853507

Studie: Grüne Transformation statt Stillstand

Klimaschutz ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Das verdeutlicht eine neue Studie von der Boston Consulting Group (BCG) und KONTEXT.

Analyse Erneuerbare Energie Klimadebatte

17.01.2025

Dan meyers vouo K da WL8 unsplash

Trump Amtsantritt: Hoffnung für Klimaschutz kommt aus den Bundesstaaten

In der zweiten Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident sind Rückschritte in der Klimapolitik zu erwarten. Aber Klimapolitik wird nicht nur auf nationaler Ebene gemacht, sondern auch darunter. Das gilt auch für Österreich.

Kommentar Klimapolitik Wirtschaft Erneuerbare Energie

26.09.2024

Konklusio 7 Mockup

Die letzte Regierung vor 2030: Koalitionen im Klimacheck

Eine neue Analyse von KONTEXT zeigt anhand der Wahlprogramme und Parteipositionen, welche Klimapolitik in möglichen Regierungskonstellationen zu erwarten ist und ob Österreich damit seinen Verpflichtungen gerecht wird.

Analyse Klimapolitik Erneuerbare Energie Wirtschaft

22.06.2024

Studie: Turbo für Wirtschaft und Beschäftigung durch Produktion grüner Technologien in der EU

Technologien zur Produktion, Speicherung und Nutzung erneuerbarer Energien sind entscheidend für die Ökologisierung der Wirtschaft. Europa steht bei der Entwicklung dieser Sektoren jedoch noch am Anfang. Für die nächste EU-Kommission bedeutet das eine große Chance: Die Stärkung einer europäischen Produktion grüner Technologien würde sich enorm positiv auf Wirtschaft und Arbeitsplätze auswirken. Allein die Produktionsverlagerung von fünf Schlüsseltechnologien in die EU lässt die Wirtschaftsleistung um rund 18,4 Milliarden Euro steigen und schafft 243.000 Arbeitsplätze. Das zeigt eine neue Studie des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) im Auftrag von KONTEXT.

Analyse Erneuerbare Energie Wirtschaft Technologien EU

04.06.2024

Preisschocks: Fossile Energie gefährdet Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Sicherheit

Die Abhängigkeit von fossilem Gas bedeutet große Unsicherheit. Spätestens der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, wie rasant die Preise fossiler Energieträger ansteigen können. Wie sich ein solcher Gaspreisschock von 80 Prozent auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt auswirkt, modellierte das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) in einer neuen Studie für KONTEXT. Die Ergebnisse verdeutlichen: Von fossilen Energieträgern abzukommen, macht die österreichische Gesamtwirtschaft widerstandsfähiger.

Analyse Erneuerbare Energie Wirtschaft Technologien

10.05.2024

Umfrage1

Umfrage: Klimaschutz als Schlüssel für Sicherheit und Unabhängigkeit Europas

In knapp einem Monat wählen die Österreicher:innen ein neues EU-Parlament. Der Ausgang der Wahl wird entscheidend dafür, wie die heimische Energiezukunft gestaltet werden kann. Mehr als zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung geht es in dieser Sache zu langsam: Sie halten es im Sinne der Sicherheit und Unabhängigkeit Europas für notwendig, dass die EU den Ausstieg aus Öl, Kohle und Gas beschleunigt. Das zeigt eine neue Umfrage im Auftrag des KONTEXT Instituts für Klimafragen. Befragt wurden dazu 1.000 Personen durch das Meinungsforschungsinstituts marketagent. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die österreichische Bevölkerung.

Umfrage Klimapolitik EU Erneuerbare Energie