Bundesländer kein gutes Vorbild
Die Wahlprogramme und öffentlichen Positionen sind das eine. FPÖ und ÖVP lassen sich in der Klimapolitik aber auch an ihren Taten messen – und zwar in den Bundesländern.
Im industrieintensivsten Bundesland, in Oberösterreich, hat die dortige Koalition der beiden Parteien im Dezember ein großes Windparkprojekt mit 22 Anlagen in Sandl (Bezirk Freistadt) mit einer Leistung von 160 Megawatt verhindert, obwohl dazu bereits ein Genehmigungsverfahren läuft und es von den dortigen Gemeinden unterstützt wird.
In Kärnten hat die FPÖ gar eine Volksbefragung über die Windkraft erwirkt. Am Sonntag stimmten 51,55 Prozent für ein Verbot von neuen Windkraftwerken.
In der Steiermark dagegen hat sich die neue Landesregierung unter FPÖ-Landeshauptmann Mario Kunasek im Regierungsprogramm vorgenommen, die "Windkraftausbau so vorantreiben, dass ein zusätzlicher Energieumsatz von 400 Megawatt bis 2030 erreicht werden kann". Ob das für die Ausbauziele reicht, die etwa durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz gesetzt sind, steht auf einem anderen Blatt.
Einen durchwachsenen Eindruck hinterlassen in den Bundesländern auch die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung, in denen manche Flügel wohl maßgeblich an der Bildung der blau-türkisen Bundesregierung beteiligt waren. In Kärnten kämpfen sie gemeinsam mit der SPÖ-ÖVP-Landesregierung sowie Gewerkschaft und Arbeiterkammer gegen das Windkraft-Verbot. In Oberösterreich haben sie das Aus für den Windpark in Sandl kritiklos zur Kenntnis genommen, obwohl die Wirtschaftskammer OÖ noch eine Woche vor der Entscheidung öffentlich davor warnte und das Projekt in Sandl sogar mit einem eigenen Standortanwalt begleitete.
FPÖ und ÖVP tragen Verantwortung
In welchem Maß auch immer sich die Parteien an ihre Aussagen vor der Wahl halten, fest stehen die Probleme, mit denen sie sich in Regierungsverantwortung befassen müssen. Österreichs Wirtschaft steht vor strukturellen Herausforderungen: Hohe Energiepreise schwächen die Wettbewerbsfähigkeit. Neue Technologien am Weltmarkt, wie die E-Mobilität, lassen die Nachfrage in jenen Bereichen schwinden, in denen Österreichs Industrie bislang stark war.
Um diese Probleme zu überwinden, muss die nächste Regierung Zukunftstechnologien, wie etwa E-Mobilität, Wärmepumpen, Geothermie, Speichersysteme und grüne Wasserstoffproduktion für die Industrie fördern. Durch den Umstieg auf erneuerbare Energie sinken mittelfristig die Energiepreise. Auf diese Weise wird die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft gestärkt, neue Arbeitsplätze und Wohlstand geschaffen. Der Ausstieg aus fossilen Energien reduziert zudem die Importabhängigkeit und fördert damit die Sicherheit und Eigenversorgung des Landes.
Sowohl FPÖ als auch ÖVP versprechen Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Die Ökologisierung der Wirtschaft und Gesellschaft steht dazu nicht im Widerspruch. Sie ist sogar die Voraussetzung dafür, dass diese Ziele erreicht werden können.
Um ihre eigenen Versprechen von Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand tatsächlich einlösen zu können, wären FPÖ und ÖVP also gefordert, in den anstehenden Regierungsverhandlungen von ihren bisherigen Positionen abzurücken und zukunftsfähige Standort- und Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt zu stellen.