Konfliktreiche Technologiewende
Mit der Ökologisierung stehen viele technologische Umbrüche an. In der Wirtschaftswissenschaft gibt es das S-Kurven-Konzept, das die unterschiedlichen Entwicklungsphasen von Technologien beschreibt: Die Anfangsphase mit wenig Nutzung, hohen Kosten und viel Unsicherheit. Die Wachstumsphase mit schneller Verbreitung, Investitionen und öffentlicher Sichtbarkeit. Und die Reifephase mit hoher Marktdurchdringung und geringen Innovationssprüngen.
Die Kurven zeigen, wie durch zunehmende Forschung und Entwicklung, die Leistungsfähigkeit von Technologien in der Anfangsphase schwach und in der Wachstumsphase stark wachsen bis sie die Reifephase erreichen.
Mit diesen S-Kurven lässt sich die aktuelle Situation treffend beschreiben. Waren es in den Anfangsphasen vor allem gesellschaftliche und politische Motive, die etwa klimafreundliche Technologien vorangetrieben haben, greifen mittlerweile immer mehr Marktkräfte.
E-Autos oder Wärmepumpen sind deutlich energieeffizienter als ihre fossilen Pendants und sie werden immer leistungsfähiger und billiger. Erneuerbare Energien sind ohnehin bereits günstiger als Öl, Gas oder Kohle. Investitionen in klimafreundliche Technologien steigen weltweit exponentiell.
Zukunftstechnologien befinden sich also in der Wachstumsphase, während fossile Technologien, wie zum Beispiel Verbrenner-Autos oder Gasheizungen, bereits in der Sättigungsphase sind. Solche Technologie-Wendepunkte krempeln bestehende Systeme um und lösen Konflikte im politischen System aus. Das gilt umso mehr, da viele dieser Technologien, wie das Verbrenner-Auto, für einige europäische Länder über Jahrzehnte ein Wohlstandsgarant waren.
Wie die Entwicklung weitergehen, zeigt sich in China. Die chinesische Regierung hat strategisch auf Zukunftstechnologien gesetzt. Wie Europa ist China nicht in der Lage, sich selbst mit fossilen Energieträgern zu versorgen und baut deshalb offensiv erneuerbare Energien aus.
Auch E-Autos haben sich dort bereits durchgesetzt – sehr zum Leidwesen der europäischen Autobauer und ihres wichtigsten Exportmarktes. China ist bei E-Autos, Photovoltaik oder Batterien mittlerweile weltweit führend, was dem Land Unabhängigkeit und seiner Industrie enorme Wettbewerbsvorteile beschert.
Diese Fortschritte sind keineswegs das Ergebnis von klimapolitischem Eifer (China baut weiterhin Kohlekraftwerke), sondern fußen rein auf wirtschaftsstrategischen Überlegungen. Sie haben jedoch den erfreulichen Nebeneffekt, dass die CO2-Emissionen des Landes erstmals nicht mehr steigen. Dieses Ziel hatte sich die Führung in Peking ursprünglich erst für 2030 gesetzt.
Die nächste industrielle Revolution
Die Ökologisierung der Wirtschaft ist nichts weniger als die nächste industrielle Revolution. Je früher und je ambitionierter Österreich und die EU vorgehen, desto größer ist die Chance, dass auch die angeschlagene Wirtschaft damit neuen Wind unter die Segel bekommt – und desto schneller sinken auch die Emissionen.
Damit diese Entwicklung im notwendigen Maß beschleunigt wird, damit also Zukunftstechnologien möglichst rasch in die volle Wachstumsphase kommen, braucht es aber noch politische Maßnahmen. Rechtliche Rahmenbedingungen, wie PKW-Flottenziele oder ein Enddatum für den Ausstieg von Öl- und Gasheizungen helfen wir genauso, wie der Ausbau von Netzen und Speichern und der Rückbau von Gasinfrastruktur.
Die Entscheidung, die Europa (und auch Österreich) jetzt treffen muss lautet also: wollen wir auf den Zug der Zukunftstechnologien aufspringen, Wettbewerbsfähigkeit aufbauen und Arbeitsplätze schaffen, oder in die industrielle Bedeutungslosigkeit abgleiten? Für mich ist die Antwort klar.