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Warum politische Angst ein Gift für Klima und Wirtschaft ist

Kommentar Klimapolitik
Mittwoch, 10.09.2025
Inflation und Rezession, Putin und Trump: Viele Sorgen, ja Ängste, lähmen derzeit die aktuelle Politik. Katharina Rogenhofer pladiert für das genaue Gegenteil. Österreich bracht nun Mut, Zuversicht und neue Impulse. Das würde sich auch finanziell lohnen.

Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at

Die Sommerpause ist vorbei, doch statt mit Frische und Erholung aus dem Sommer zu starten, stimmt mich der politische Diskurs gerade nachdenklich. Einerseits hallt das Europäischen Forum Alpbach noch nach. Zwar war die Zeit dort, wie immer, mit beeindruckenden Begegnungen und Gesprächen, inspirierenden Persönlichkeiten und Ideen gefüllt.

Doch, obwohl das Forum mit einem Programm unter dem Titel "Recharging Europe" zum Aufbruch einzuladen versuchte, dominierten andere Gefühle auf den Panels: Zögerlichkeit, Sorge, ja sogar Angst. Angst vor dem Imperialismus von Wladimir Putin und der Unberechenbarkeit von Donald Trump. Angst vor den Auswüchsen der Künstlichen Intelligenz und Desinformation

Die Schlussfolgerung daraus war jedoch nicht der Aufbruch, sondern Abschottung und Aufrüstung. Der Kampf gegen die Klimakrise kam in den hochrangigen Diskussionsveranstaltungen kaum vor.

Ein ähnlicher Eindruck beschleicht mich, wenn ich die Innenpolitik in Österreich in diesen Tagen mitverfolge. Kürzlich wurde ein früher Entwurf des Klimagesetzes öffentlich, in dem gefühlt jeder Paragraf zu versprechen versucht, dass es keine Verbindlichkeit geben wird.

 

Angst ist der schlechteste Ratgeber

Auch die Regierungsklausur in der letzten Woche schien dominiert von der Angst vor dem Budgetloch, der Angst vor Rezession und Inflation. Und über allem: Die Angst, die Wähler:innen in die Hände der FPÖ zu treiben, wenn man ihnen nur etwas zumutet – und seien es nur neue Ideen oder Politikansätze. Die Klimapolitik, so wird auch hier suggeriert, sei jetzt einmal hintanzustellen.

Die Sorgen sind absolut nachvollziehbar: Die Aggression Russlands, der verheerende Krieg, und die turbulente Zollpolitik in den USA sind real. Das Loch im österreichischen Staatshalt ist noch lange nicht gefüllt und die österreichische Wirtschaft strauchelt, während die Inflation den Haushalten auf der Tasche liegt.

Bedenklich ist allerdings, dass wir uns offenkundig zunehmend von unseren Sorgen lähmen lassen. Die österreichische Politik ist so sehr um den Verlust von Kontrolle und Souveränität besorgt, dass sie dadurch jegliche Kontrolle und Souveränität zu verlieren droht.

Und so starte ich mit einem Plädoyer in den Herbst. Ein Plädoyer für Mut und Zuversicht. Und ein Plädoyer für neue Impulse und dafür, uns unserer Stärken zu besinnen und ins Handeln zu kommen. Nur so kommen wir aus der Passivität wieder in die Aktivität und können ein zukunftsträchtiges Österreich gestalten. Angst ist dafür jedenfalls der schlechteste Ratgeber.

 

Mehr Wohlstand, mehr Sicherheit

Die österreichische Regierung verhandelt aktuell einige Gesetze, die genau solche positiven Impulse liefern könnten. Das beginnt mit besagtem Klimagesetz: mit dem klaren Ziel der Klimaneutralität bis 2040 und ebenso verbindlichen Zielen für die Emissionsreduktion in Energie, Verkehr, Industrie und Gebäude könnte es den rechtlichen Rahmen schaffen, um die Ökologisierung voranzutreiben. So würde es Planungssicherheit ermöglichen, sodass Unternehmen und private Haushalte die Transformation mitgestalten und von ihr profitieren können.

Denn der weltweite Markt für klimafreundliche Technologien wächst exponentiell. Österreich kann durch Investitionen in klimafreundliche Technologien ins Spitzenfeld gelangen und nicht nur sauberer produzieren, sondern auch Exportmärkte erschließen.

Diese Ausrichtung müsste Herzstück der Industriestrategie sein, wenn wir nicht auf das industrielle Abstellgleis des 20. Jahrhunderts verbannt werden wollen. Denn eine zügige Transformation steigert die heimische Wertschöpfung – allein durch die Industrie um bis zu drei Prozent.

Laut einer Studie der Energieagentur kann die Energiewende in Österreich zudem bis 2040 jährlich über 21.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Ein großer Teil dieser Beschäftigung entsteht in Klein- und Mittelunternehmen, insbesondere im Bau- und Installationsbereich.

Ähnlich starke Impulse kann der konsequente Umstieg auf erneuerbare Energie bringen. Auch hier verhandelt die Regierung aktuell mit dem Elektrizitäts-Wirtschaftsgesetz (ElWG) und dem Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG) zwei maßgebliche Gesetze, die diesen Umstieg massiv beschleunigen können.

Bei ambitionierter Umsetzung kann sich Österreich dadurch mittel- bis langfristig mit Energie sauber und günstig selbst versorgen. Unternehmen würden dadurch wettbewerbsfähiger und privaten Haushalten bliebe mehr Geld für das tägliche Leben. Gleichzeitig macht uns eine rasche Energiewende unabhängig vom Gas aus Russland, Öl aus Kasachstan und dem Irak oder auch dem Flüssiggas aus den USA. Die bangen Blicke in den Kreml oder ins Weiße Haus könnten wir uns dadurch bald sparen.

 

Österreich hat es in der Hand

Apropos sparen: mit der Ökologisierung klimaschädlicher Förderungen könnte auch das verbleibende Budgetloch gefüllt, oder notwendige Investitionen in die Zukunft finanziert werden. Und gleichzeitig ließen sich Emissionen einsparen. Ein Win-Win für Budget und Klima.

Österreich muss nicht auf Wunder und die Güte anderer hoffen, sondern kann selbst wichtige Impulse setzen. Wir haben viele Stärken. Bei sauberen Zukunftstechnologien, beispielsweise in den Bereichen Gebäude und Eisenbahnen, liegt Österreich gemessen an den Patenten pro Kopf weltweit auf Platz 1. Auch im Bereich Kreislaufwirtschaft bestehen große Potenziale.

Auch die Bevölkerung ist hier weiter, als viele Politik gelegentlich zu befürchten scheint. Solarpaneele gehören ohnehin mittlerweile in die Ortsbilder; kaum ein Bauernhof, dessen Dächer noch nicht damit bedeckt sind. Und im Bezirk Freistadt (OÖ) haben kürzlich 15 Bürgermeister Landeshauptmann Thomas Stelzer dazu bewogen, das Verbot eines Windparks durch dessen Landesregierung zurückzunehmen.

 

Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben

"The only thing we have to fear is fear itself", sagte US-Präsident Franklin D. Roosevelt bei seinem Amtsantritt 1933, am Gipfel der Depression in den USA. Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst.

Oder um es mit Johann Nestroy etwas österreichischer zu sagen: "Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben". Roosevelt hat die Depression mit einem Befreiungsschlag, dem "New Deal", überwunden und seinem Land damit Jahrzehnte des Wohlstands bescherte. Einen Befreiungsschlag dieser Art hat Österreich nun auch nötig. Klimapolitik ist dabei nicht ein Klotz am Bein, sondern eine zentrale Lösung.

 

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