Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at
Zwei Gedanken vorab: Erstens, ich bin keine leidenschaftliche Verfechterin von E-Autos. Sie sind aufwendig, energie- und ressourcenintensiv zu produzieren, vor allem mit Blick auf kritische Rohstoffe. Und sie lösen viele der bestehenden Probleme des Straßenverkehrs nicht, etwa den hohen Flächenverbrauch. Dennoch wird es an vielen abgelegeneren Orten weiterhin Autos brauchen.
Zweitens, mir ist bewusst, dass die Verbrenner-Technologie über Jahrzehnte ein Garant für Wohlstand und Arbeitsplätze in Europa war. Mehr noch: Weil Europa mit dieser Technologie so erfolgreich war, hatte der Autobau in vielen Teilen nahezu identitätsstiftende Wirkung.
Mit diesen beiden Gedanken beobachte ich aktuell die Debatte um ein mögliches "Verbrenner-Aus-Aus" – also der Abkehr vom Ziel, das Neuwagen ab 2035 emissionsfrei sein sollen. Ich verstehe, dass die europäische Automobilindustrie den ikonischen Verbrenner-Motor am Leben erhalten will.
Verblüfft bin ich allerdings davon, wie weit manche dafür ihren Kampf gegen den technologischen Fortschritt und die globalen Märkte treiben. Und von dem Maß an Unterstützung, das dafür aus der Politik kommt: Die Europäische Volkspartei hat das Aus für das sogenannten "Verbrenner-Aus" versprochen und in ÖVP-Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer einen lautstarken Verbündeten in der österreichischen Bundesregierung gefunden.
Desinformation
Die Mittel, mit denen bei der Kommunikation über das Zulassungsende für Verbrenner-PKWs vorgegangen wird, sind das, was wir bei KONTEXT in unseren Diskursanalysen als "Verschleppungstaktiken" beschreiben – also Taktiken, um unliebsame Maßnahmen zu verhindern oder zumindest zu verzögern. In diesem speziellen Fall reicht die Palette von der Irreführung mit technischen Trugbildern bis hin zu blanker Desinformation.
Beginnen wir von hinten, mit der Desinformation und dem Begriff "Verbrenner-Aus". Der suggeriert nämlich, dass ab 2035 nur mehr E-Autos zugelassen werden dürfen. Auch Minister Hattmannsdorfer sprach in diesem Zusammenhang von einem "Technologieverbot" und verwies auf die Möglichkeit von E-Fuels oder Wasserstoff als Antriebsmöglichkeiten.
Doch in keinem EU-Gesetz steht, dass Autos mit Verbrenner-Motoren verboten werden oder keine Neuzulassung mehr bekommen sollen. Das entscheidende EU-Gesetz besagt lediglich, dass ab 2035 in der EU keine Autos mehr zugelassen werden dürfen, die CO2 ausstoßen. E-Fuels und Wasserstoff als Antriebe sind weiterhin möglich, auch wenn es nicht sehr klug wäre, sie in Autos einzusetzen. Dazu aber später.
Hier also ein Verbot zu unterstellen, ist eine bewusst eingesetzte Fehlinformation, die nur den Zweck verfolgen kann, dass weiterhin CO2 hinten aus dem Auspuff kommen darf und damit Diesel und Benzin am Leben bleiben. Aber das würde wohl niemand so offen sagen. Da braucht es den Vorwand: E-Fuels. Doch für die wurde nach politischem Druck bereits eine entsprechende Ausnahme in den Gesetzen eingeräumt.
Trugbilder
Das bringt uns zur zweiten Kategorie der "Verschleppungstaktiken": den Trugbildern. Denn: Auch wenn E-Fuels erlaubt sind, heißt das noch lange nicht, dass es klug ist, sie einzusetzen.
Ganz im Gegenteil: E-Fuels brauchen in der Herstellung viel Energie und sind äußerst rar – so rar, dass die Mengen, die im Schiffs- und Flugverkehr gesetzlich vorgeschrieben sind, kaum produziert werden können. Entsprechend hoch sind auch die Preise für diese Treibstoffe.
Noch entscheidender ist aber die Ineffizienz: Durch die aufwendige Produktion bringen E-Fuels nur 14 Prozent der eigensetzen Energie tatsächlich auf die Straße. Mit 100 Kilowattstunden kommt ein E-Auto im Schnitt 428 Kilometer. Ein mit E-Fuels betankter Verbrenner schafft gerade einmal 45 Kilometer, also etwas mehr als ein Zehntel.
Auch wenn diese Idee für einige grundsätzlich verlockend sein mag, sind E-Fuels im Autoverkehr schlicht nicht marktfähig. Sie sollten vor allem dort eingesetzt werden, wo es keine Alternativen gibt, wie eben dem Schiffs- oder dem Flugverkehr.