Von alten zu neuen Abhängigkeiten
Der russische Angriffskrieg hat auch gezeigt, welches Sicherheitsrisiko mit der Abhängigkeit von fossilen Energien für Europa und Österreich einhergeht. Sie macht erpressbar durch potenzielle Lieferstopps, an die wirtschaftlichen Forderungen geknüpft werden können. Bereits vor dem Beginn des Kriegs gab es mindestens 55 Fälle, in denen Russland seine Lieferungen an das Ausland stoppte oder damit drohte.
Gleichzeitig bedeuten Preisschocks bei fossilen Energien, wie jenem zu Kriegsbeginn, enorme wirtschaftliche Verluste für jene Bereiche, die direkt von ihnen abhängen. Sie heizen aber auch die allgemeine Teuerung an: Rund ein Drittel der historisch hohen Teuerungsrate von elf Prozent Ende 2022 war auf die enormen Anstiege bei Haushaltsenergie und Treibstoffen zurückzuführen.
Russisches Gas fließt zwar seit Jahreswechsel durch das Auslaufen des Transitvertrags zwischen Ukraine und Russland keines mehr über Pipelines nach Österreich. Die Abhängigkeit droht sich aber lediglich hin zu anderen Ländern zu verschieben: Ein verstärkter Bezug von Flüssiggas (LNG, Liquefied Natural Gas), das in großen Mengen per Schiff transportiert werden kann, schafft neue Abhängigkeiten – etwa von großen LNG-Exportländern wie etwa den USA.
Nicht zuletzt gehen mit Importabhängigkeiten von fossilen Energien auch erhebliche Wettbewerbsnacheile und dadurch Kaufkraftabflüsse einher. In den USA liegt der Gaspreis beispielsweise auch abseits des Kriegs deutlich unter dem europäischen. Das verdeutlichen auch die milliardenschweren Ausgaben für fossile Energien Österreichs: Zwar lies der Kriegsbeginn das Handelsbilanzdefizit – also den Überschuss an Importen im Vergleich zu Exporteinnahmen – im Jahr 2022 auf über 19 Milliarden Euro ansteigen. Aber auch im Schnitt 2015 bis 2019 belief es sich auf acht Milliarden Euro pro Jahr.