Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at.
Zahnlose Beschlüsse, verwässerte Kompromisse und Greenwashing für die Gastgeberländer – die jährlichen Klimakonferenzen haben zuletzt viel an Glaubwürdigkeit eingebüßt.
Dabei haben die Klimakonferenzen seit ihrem Start 1995 in Berlin einige wichtige Erfolge erzielt. Meilensteine wie das Kyoto-Protokoll von 1997, das erstmals Emissionsreduktionsziele für Industrienationen setzte, oder das Pariser Abkommen 2015, das globale Klimaziele formulierte, zählen zu den Höhepunkten.
Doch die aktuellen Fortschritte sind dürftig: Zwar hat die Weltgemeinschaft theoretische Verpflichtungen, aber den großen Wurf sucht man vergebens.
Dennoch sind Klimakonferenzen wichtig, allein schon deshalb, weil sich alle Länder zumindest einmal im Jahr ernsthaft mit dem Klima beschäftigen müssen. Und weil sie ein Moment der Bestandsaufnahme im Kampf gegen die Klimakrise sind, die der Weltöffentlichkeit die Dringlichkeit vor Augen führen kann.
Die Aussichten, die im Vorfeld der diesjährigen COP präsentiert wurden, geben jedenfalls keinen Anlass zur Freude. Weltweit steigen die Treibhausgasemissionen weiter an. Im Jahr 2023 haben sie laut dem Emission Gap Report 2024 des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) mit 57,1 Gigatonnen CO2-Äquivalenten einen historischen Höchstwert erreicht (+1,3 Prozent gegenüber 2023).
Um das Pariser Klimaziel einzuhalten, müssen die globalen Emissionen bis 2030 um 42 Prozent (gegenüber 2019) sinken. Laut Schätzung des Emission Gap Reports wird die Reduktion ohne weitere Maßnahmen jedoch lediglich vier bis zehn Prozent betragen. Blieben die Emissionen auf dem Niveau wie bisher, wäre das CO2-Budget für die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels noch in diesem Jahrzehnt aufgebraucht.
Auch beim Thema Klimafinanzierung ist die Lücke zwischen Notwendigkeit und Realität eklatant. Die Klimakonferenz in Baku gilt in erster Linie als "Finanzierungs-COP". Im Zentrum steht die Frage, welche Länder welchen finanziellen Beitrag zu Klimaschutz und zur Klimaanpassungen leisten müssen, um dabei vor allem Länder des Globalen Südens zu unterstützen.
Reiche Länder, wie die EU oder die USA, hatten sich bereits im Jahr 2009 dazu verpflichtet, ärmere Länder jährlich mit 100 Milliarden Dollar zu unterstützen. Erst seit 2022 wird dieser Zielwert tatsächlich erreicht.
Das Ziel aus 2009 ist 14 emissionsreiche Jahre später aber längst überholt. Die COP29 in Baku versucht, woran die COPs der vergangenen Jahre gescheitert sind: Die Verpflichtungen für die Klimafinanzierung zu verzehnfachen, auf eine Billion Dollar. Derweil sind die Hoffnungen, dieses Ziel auch tatsächlich zu erreichen, nicht besonders groß.
Als wäre die Lage nicht düster genug, steht nun mit Donald Trump ein nächster Präsident an der Spitze einer führenden Weltmacht und zweitgrößten Treibhausgasproduzentin der Erde. Er sieht in der in der Klimakrise einen "hoax" – einen Schwindel.
Bereits in der ersten Woche nach seiner Wahl bestätigen Medienberichte viele Befürchtungen über die künftige Klimapolitik in Donald Trumps zweiter Amtszeit. Die Rede ist von der Rücknahme wichtiger Grenzwerte über die Umweltbehörde, eine Verstärkung der Öl- und Gasförderung und dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen.
Mit Trumps Wahl zum US-Präsidenten hat die Klimadiplomatie einen Rückschlag erlitten. Sie überschattet nun auch die COP29. Viel wichtiger als die Kompromisse der Schlusserklärung wird in Baku deshalb sein, dass sich eine neue Allianz der Mutigen findet, die im globalen Kampf gegen die Klimakrise die Führung übernimmt – Staaten und Regierungen, die nicht bloß Versprechen abgeben, sondern diese auch umsetzen. Hier ist Europa und damit auch Österreich gefordert.
Österreichs Treibhausgas-Emissionen sind zwischen 2022 und 2023 um 6,4 Prozent gesunken, jene in der EU um 7,5 Prozent. Die Europäische Union gehört somit zu jenen G20-Mitgliedern, deren Treibhausgasausstoß den Höhepunkt bereits überwunden hat und die ein Zieljahr für die Klimaneutralität gesetzlich verankert haben. Der Emission Gap Report bewertet den Reduktionspfad der EU im Hinblick auf Transparenz, Umfang und Reporting mit den Bestnoten. Das gelingt außer der EU nur Großbritannien.
Apropos Großbritannien – der britische Premierminister Keir Starmer hat im Zuge des Klimagipfels das Ziel verlautbart, die Emissionen seines Landes bis 2035 um 81 Prozent zu reduzieren. Die EU-Kommission hat Anfang dieses Jahres angekündigt, dass sie die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent reduzieren will. Folgen den Worten auch Taten, dann sieht so Leadership aus.
Sowohl London als auch Brüssel haben mit einer raschen Ökologisierung nicht nur Klimaschutz im Auge. "Täuschen Sie sich nicht, der Wettlauf für die Jobs der Zukunft im Bereich saubere Energie, die Wirtschaft der Zukunft läuft schon", sagt Premier Starmer. „Und ich will nicht im Mittelfeld sein. Ich will vorangehen.”
Auch die EU hat mit dem Green Deal die ersten Schritte zu einer Trendumkehr gesetzt. Die Emissionen sinken. Jetzt Zukunftsindustrien aufzubauen und von fossilen auf erneuerbare Energien umzusteigen, schafft sichere Jobs und Wettbewerbsvorteile über EU-Grenzen hinaus. Der Clean Industrial Deal, der demnächst als Fortsetzung des Green Deal präsentiert wird, sollte daran gemessen werden.
Und auch Österreichs neue Regierung muss sich hier klug und mutig positionieren: erneuerbare Energien ausbauen, industrielle Prozesse elektrifizieren, klimaschädliche Subventionen abschaffen und einen Plan für den Ausstieg aus Öl und Gas in der Raumwärme vorlegen. Die Ökologisierung kann der heimischen Wirtschaft dringend benötigte Impulse geben, denn der Wettlauf um die Jobs und Industrien der Zukunft hat längst begonnen – und wer vorne mitspielen will, muss jetzt handeln.