Dieser Text erschien als Kolumne bei Newsflix.at.
Wenige Tage nach der Nationalratswahl haben das "Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung" (WIFO) und das "Institut für Höhere Studien! (IHS) ihren wirtschaftlichen Ausblick für das aktuelle und die kommenden Jahre nach unten korrigiert. Das Ergebnis: Der erhoffte leichte Konjunkturaufschwung verzögert sich. Österreich befindet sich in der längsten Rezession seit 1946. Dem Staatshaushalt fehlen drei Milliarden Euro. Das neue Gebot lautet: Sparen. Trotz Rezession.
Ein erster Sparkandidat wurde schnell ausgemacht: der Klimabonus. Die Ökonomin Sigrid Stagl war eine der wenigen Gegenstimmen. Sie hat die Forderung, den Klimabonus abzuschaffen, im "Standard" als "verheerendes Signal" gewertet, das verdeutliche, "dass es unserem Land an konsequenter Klimapolitik mangelt. Klimaschutz ist keine Luxusaktivität, die nur in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität verfolgt werden sollte."
Gedacht war der Klimabonus bei Einführung als sozialer Ausgleich der CO2-Steuer. Dass er als solches nicht wahrgenommen wird, ist ein anderes Thema. Was aber zurecht kritisiert wird, ist die geringe Treffsicherheit. Eine gezielte Unterstützung für Menschen mit geringem Einkommen, die die CO2-Steuer im Vergleich zu ihrem Gehalt prozentuell stärker belastet, ist weiterhin wichtig. Ob ein Teil der Einnahmen der CO2-Steuer jedoch besser zweckgebunden für Investitionen in die Energie- und Verkehrswende investiert wäre, ist eine berechtigte Frage.
Unabhängig davon, ob man den Klimabonus in der aktuellen Ausgestaltung befürwortet oder ablehnt: Stagls Befund ist grundsätzlich trotzdem zutreffend. Denn, wenn Klimaziele aufgrund eines unausgeglichenen Haushalts nicht über Bord geworfen werden sollen, wäre der erste Sparkandidat ein ganz anderer: die klimaschädlichen Subventionen.
Pendlerpauschale, Dieselprotektionismus und Co. belasten derzeit nicht nur Klima und Umwelt, sondern auch das Budget. Pro Jahr fließen in Österreich 4,1 bis 5,7 Milliarden Euro an staatlichen Mitteln in Förderungen, die klimaschädliches Verhalten oder Produkte begünstigen. Es trägt also jährlich Steuergeld dazu bei, dass noch mehr Treibhausgase ausgestoßen werden. Dieses Geld konterkariert nicht nur alle Klimaschutzmaßnahmen, sondern trägt noch dazu bei, dass Extremwetterereignisse, wie Hochwasser und Dürren, noch häufiger und noch drastischer ausfallen.
Österreich hat sich im Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) sogar dazu verpflichtet, diese klimaschädlichen Förderungen zu ökologisieren oder abzuschaffen. Damit sollen laut Plan bis zum Jahr 2030 mindestens zwei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.
Zuständig für die Ausgestaltung dieser Maßnahmen ist eine Arbeitsgruppe im Finanzministerium. Die ÖVP, die den Finanzminister stellt und wohl auch Teil der nächsten Regierung sein wird, hat jedoch unmittelbar nach der Einreichung des NEKPs im August dieses Jahres deutlich gemacht, dass sie sowohl an der jetzigen Ausgestaltung des Pendlerpauschale und der geringeren Besteuerung von Benzin festhalten wollen.
Nach der Wahl kann das jetzt natürlich anders aussehen. Eine Abkehr von den klimaschädlichen Subventionen ist aber auch in einer neuen Regierung ungewiss, wie eine KONTEXT-Analyse zur Klimapolitik der möglichen Koalitionen zeigt. Geht es nach den Wahlprogrammen, wird in einer FPÖ-ÖVP-Regierung wohl keine dieser klimaschädlichen Anreize abgeschafft. Auch in einer Koalition von ÖVP und SPÖ wären die Aussicht auf Erfolg gering.
Die SPÖ ist einer Reform zwar nicht abgeneigt, in der Positionierung allerdings sehr vage. NEOS und Grüne formulieren ihre Forderung für ein Ende der klimaschädlichen Subventionen sehr deutlich. Am ehesten besteht also in einer Dreier-Koalition die Chance für eine notwendige Reform. Schließlich hätten in einer solchen Konstellation etwa NEOS und SPÖ gemeinsam ein größeres politisches Gewicht als die ÖVP.
Fest steht: bleibt eine Reform dieser schädigenden Anreize aus, agiert die Regierung sowohl ökologisch als auch fiskalpolitisch verantwortungslos. Das gilt umso mehr, wenn man sich vor Augen führt, dass die klimaschädlichen Subventionen nicht nur viel Steuergeld kosten. Ihre Beibehaltung kann in weiterer Folge noch zu einer deutlich höheren finanziellen Belastung beitragen.
Denn die im NEKP vorgeschlagene Abschaffung und Ökologisierung macht einen erheblichen Anteil der CO2-Reduktion aus, die notwendig sein wird, um Pfad zur Erreichung der EU-Klimaziele einzuhalten. 48 Prozent des Treibhausgasausstoßes müssen in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 reduziert werden.
Verfehlt die nächste Regierung dieses Ziel muss Österreich seine Defizite kompensieren, indem es Emissionszertifikate von EU-Mitgliedsländern erwirbt, die ihr Ziel übererfüllt haben. Und das kann teuer werden: Nach aktuellem Wissensstand dürften zwölf Mitgliedsländer ihr jeweiliges nationales Ziel verfehlen.
Dementsprechend hoch wird die Nachfrage nach Ausgleichszertifikaten und damit auch deren Preis sein. Das Finanzministerium schätzt, dass im Falle der Zielverfehlung 2030 Kosten in Höhe von mindestens 4,7 Milliarden Euro auf den Bundeshaushalt zukämen. Der Rechnungshof errechnete im Jahr 2021, dass die Zahlungen mit den damals bestehenden Maßnahmen sogar fast 10 Milliarden Euro betragen könnten – und das bei einem damaligen Reduktionsziel von nur 36 Prozent.
Die Beibehaltung der klimaschädlichen Subventionen würde den Staatshaushalt in den kommenden fünf Jahren, also in der Zeitspanne der nächsten Regierungsperiode, demnach effektiv mit mindestens (!) 25 Milliarden Euro belasten.
Mit diesem Betrag ließe sich das ausgemachte Budgetloch theoretisch mehr als achtmal schließen. Auch an den milliardenschweren Geldabflüssen für den Import von Öl, Kohle und Gas kann bei gleichzeitigem Ausbau erneuerbarer Energien gespart werden.
Mit diesem Geld ließen sich aber auch die Industrie elektrifizieren, die notwendigen Netze ausbauen, Gebäude sanieren, öffentliche Verkehrsmittel und die Infrastruktur für E-Mobilität ausbauen, Schlüsseltechnologien skalieren oder – kurz gesagt – die Ökologisierung der Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben, um damit die mittel- und langfristige Voraussetzung von nachhaltigem Wohlstand zu schaffen.
Der Auftrag an die nächste Regierung ist eindeutig: klimaschädliche Förderungen müssen abgeschafft oder reformiert werden, um Spielraum im Budget für notwendige Investitionen für die Ökologisierung zu schaffen. Je früher, desto besser.