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Einordnung: Was der EU-Omnibus für die Berichtspflichten von Unternehmen bedeutet

Einordnung EU Klimapolitik Unternehmen
Montag, 31.03.2025
Mit dem Omnibus-Paket der Europäischen Union sollen wichtige Regelungen für Unternehmen mit Blick auf Nachhaltigkeit und Lieferketten effizienter gestaltet werden, sagt die Kommission. An vielen Stellen schwächen die Änderungen der Berichtspflichten jedoch die Ziele ab, die sie verfolgt hätten und schaffen Unsicherheit bei Unternehmen. Was das bedeutet: Eine Einordnung.

Gleichzeitig mit dem Clean Industrial Deal hat die EU-Kommission Ende Februar ein sogenannte Omnibus-Paket vorgeschlagen. Während der Clean Industrial Deal die Ziele des Green Deals fortführt, schwächt das Omnibus-Paket wichtige Gesetze daraus ab. Das Paket umfasst im Wesentlichen Änderungen in drei Bereichen:

  • Die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD; European Sustainability Reporting Standards, ESRS; Taxonomie) fordert von Unternehmen umfassende Angaben zu Umweltauswirkungen, Sozialem und Unternehmensführung, um Transparenz und Vergleichbarkeit für Investoren und Stakeholder zu erhöhen.
  • Das Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt in ihren Lieferketten. Sie zielt darauf ab, negative Auswirkungen zu vermeiden und zu mindern.
  • Der CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) belegt Importe aus emissionsintensiven Branchen außerhalb der EU mit einer Abgabe, die dem EU-CO2-Preis entspricht. Ziel ist, ein level-playing-field für EU-Unternehmen gegenüber der globalen Konkurrenz zu schaffen und auf diese Weise Klimaschutzbemühungen auch außerhalb der EU zu fördern. 

Was das Omnibus-Paket vorsieht

 

Nachhaltigkeitsberichterstattung

 

Vertretbar: 

  • Ein neuer freiwilliger Berichtsstandard, den die Kommission für nicht berichtspflichtige Unternehmen einführen will, soll festlegen, welche Daten von großen Unternehmen erfragt werden können und verhindert, dass kleinere Unternehmen uneinheitliche Berichtsanforderungen erfüllen müssen.
  • Um die Berichterstattung für berichtspflichtige Unternehmen zu vereinfachen, sollen die vorgegebenen Datenpunkte stark reduziert und auf quantitative Datenpunkte fokussiert werden. Das kann den bürokratischen Aufwand reduzieren, aber auch relevante Informationen einschränken.

Bedenklich:

  • Für einen großen Teil der Unternehmen soll die Berichtspflichten um zwei Jahre nach hinten verschoben werden.
  • Kleinerer Geltungsbereich: Der Schwellenwert für berichtspflichtige Unternehmen würde mit dem Vorschlag von 250 auf 1.000 Mitarbeitende steigen, wodurch 80 Prozent der ursprünglich einbezogenen Unternehmen wieder aus dem Geltungsbereich fallen.
  • Die sektorspezifischen Standards sollen fallen. Diese hätten Unternehmen helfen sollen, die relevanten Nachhaltigkeitsthemen pro Branche zu identifizieren und Wesentlichkeitsanalysen effektiver gemacht.

 

Lieferkettengesetz

 

Bedenklich:

  • Die Sorgfaltspflicht soll auf direkte Zulieferer beschränkt werden und nur dann gelten, wenn diese mindestens 500 Mitarbeiter:innen haben. Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung finden jedoch häufig früher in der Wertschöpfungskette und auch in kleineren Organisationen statt, etwa bei der Rohstoffgewinnung.
  • Die EU-weit geltende zivilrechtliche Haftung soll entfallen, sodass jeder Mitgliedstaat selbst entscheidet, ob er sie beibehält. Dies würde das wichtigste Durchsetzungsinstrument für Mitgliedsstaaten optional machen und damit auch ein einheitliches Wettbewerbsumfeld in der EU untergraben.
  • Die Umsetzung von Transformationsplänen – also die Umsetzung von Maßnahmen zur Erreichung der Ziele – wäre nicht mehr verpflichtend. Sie müssten nur mehr erstellt und dazu berichtet werden.
  • Weitere bedenkliche Änderungsvorschläge: Due-Diligence-Prüfung nur mehr alle 5 Jahre, Streichung der Verpflichtung, die Kündigung als letztes Mittel einzusetzen, Stakeholder nur mehr definiert als direkt Betroffene.

 

CO2-Grenzausgleichsmechanismus

 

Vertretbar

  • Wird der CBAM-Schwellenwert, wie vorgeschlagen, auf 50 Tonnen pro Jahr angehoben, sind 90 Prozent der Importeure ausgenommen, während weiterhin 99 Prozent der Emissionen in den betroffenen Sektoren erfasst werden.

 

Fazit

 

Durch die Vereinheitlichung von Standards würden die Berichtspflichten deutlich vereinfacht und der bürokratische Aufwand für Unternehmen reduziert. Das ist grundsätzlich zu begrüßen.  Jedoch würden durch den Fokus auf sehr große Unternehmen (ab 1.000 Mitarbeiter:innen) viele relevante Unternehmen aus der Berichtspflicht fallen. Dadurch wird das Instrument der Nachhaltigkeitsberichterstattung weniger wirkungsvoll. 

Besonders problematisch sind die Vorschläge des Omnibus-Pakets aber im Bereich des Lieferkettengesetzes: Indem die Sorgfaltspflicht nur mehr für große direkte Lieferanten gelten und Transformationspläne nicht umgesetzt werden müssen, geht die Essenz verloren. Zudem würde die EU-weite zivilrechtliche Haftung entfallen, sodass jeder Mitgliedstaat selbst entscheidet, ob Verstöße auf diesem Wege einklagbar sind. 

Generell bedenklich ist die Stop-and-Go-Politik der EU. Die betroffenen Gesetze wurden erst in den letzten Jahren verabschiedet. Viele Unternehmen haben mittlerweile Vorarbeit geleistet. Sie jetzt wieder abzuändern, würde Unternehmen benachteiligen, die bereits in die Umsetzung investiert haben.

 

Nächste Schritte

 

Nach dem Vorschlag der EU-Kommission müssen die einzelnen Gesetze nun durch das Europäische Parlament und den Rat in den entsprechenden Gesetzgebungsverfahren abgeändert und, je nach Bestimmung, in weiterer Folge von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die Berichtspflichten für jene Unternehmen, für die die CSRD und CSDDD ab diesem Jahr gegolten hätten, sollen mit einem Dringlichkeitsverfahren im Europäischen Parlament verschoben werden. 

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