KONTEXT Pocketguide (de)

Wednesday, 28.08.2024
Argumentationshilfe in der Klimadebatte.

In Österreich wird die Klimakrise kaum noch geleugnet. Stattdessen werden Verschleppungstaktiken angewendet, um Klimaschutzmaßnahmen zu verhindern bzw. zu verzögern.

Dieser Guide hilft, Verschleppungstaktiken zu identifizieren und gegen drei weitverbreitete Irrtümer in der Klimadebatte zu argumentieren.

1. Verschleppungstaktik identifizieren

Oft heißt es, die Ökologisierung würde durch den hohen Investitionsbedarf und den Umbau der Industrie Arbeitsplätze gefährden und dem Wettbewerb schaden. Es werden Drohbilder von Kosten, oder dem Abwandern der Industrie gezeichnet, ohne die negativen Folgen der Klimakrise und die wirtschaftlichen Vorteile eines ökologischen Umbaus zu berücksichtigen.

2. Quelle und Kontext analysieren, berechtigte Sorgen adressieren

  • Von welchen Wirtschaftsindikatoren wird gesprochen? Beruht die konkrete Aussage auf wissenschaftlicher oder fachlicher Expertise?
  • Wurden mögliche und notwendige Begleitmaßnahmen für eine reibungslose Transformation berücksichtigt?

3. Mit konstruktiven Argumenten kontern

Die Ökologisierung bereits in vollem Gange. Investitionen in Erneuerbare nehmen zu, die Produktion von Zukunftstechnologien steigt. Es entwickelt sich ein globaler Wettlauf zwischen den führenden Industrienationen. Vorne dabei zu sein, bringt enorme wirtschaftliche Vorteile:

  • Die Ökologisierung der Industrie stärkt Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Zukunftsorientierte Industriepolitik kann bis 2050 3,3 Prozent höhere Wertschöpfung in der EU bringen und 44 Tsd. Jobs schaffen.
  • Investitionen in die Zukunft lohnen sich. Jeder investierte Euro in ausgewählte Maßnahmen zur Ökologisierung in der EU kann langfristig fünf Euro mehr an Wirtschaftsleistung bringen.
  • Schlüsseltechnologien bergen steigendes Potential. Eine lokale Fertigung von allein fünf Zukunftstechnologien hätte 2020 18,4 Milliarden Euro höhere Wertschöpfung, Tendenz steigend.

1. Verschleppungstaktik identifizieren

Im Kern der Ökologisierung stehen der Ausbau erneuerbarer Energien und die Elektrifizierung von Prozessen. Um am Status quo festzuhalten, verbreiten einige Akteur:innen jedoch den Irrglauben, dass fossile Brennstoffe, insbesondere Gas, langfristig kostengünstiger und sicherer seien und erneuerbare Energien nie den gesamten Energiebedarf decken könnten.

2. Quelle und Kontext analysieren, berechtigte Sorgen adressieren

  • Welche Daten werden verglichen? Um welchen Zeitraum und welche Region handelt es sich?
  • Stehen die Akteur:innen, die die Aussage treffen in Verbindung mit der Fossilindustrie?
  • Welche Ängste gibt es in Bezug auf Energiepreise und Versorgungssicherheit? Wie kann man ihnen begegnen?

3. Mit konstruktiven Argumenten kontern

  • Fossile Energien bedingen Importabhängigkeit, hohe Energiepreise und Wettbewerbsnachteile. So war Gas in Europa im Schnitt 2011–2019 doppelt so teuer und in den Monaten nach Beginn des russischen Angriffskriegs sogar fünfmal so teuer wie in den USA. Die Importabhängigkeit der EU von Gas lag im Jahr 2023 bei 90 Prozent.
  • Emissionsintensive Sektoren sind hochsensibel gegenüber externen Schocks. Ein Gaspreisschock ähnlich jenem zu Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine bringt im Folgejahr über 10 Milliarden Euro Verluste in den emmissionsintensiven Sektoren Österreichs. Das bringt geopolitische und ökonomische Abhängigkeit von anderen Nationen. Sektoren, die weniger von fossilen Energieträgern abhängig sind, sind resilienter.
  • Bei Fossilen Energieträgern gehen fast drei Viertel der weltweit eingesetzten Primärenergie nach der Umwandlung in nutzbare Energie verloren. Erneuerbare Energien sind wesentlich effizienter, da sie in den meisten Fällen ohne Umwandlungsprozesse direkt genutzt werden können.

1.Verschleppungstaktik identifizieren

Vermeintliche „Technologieoffenheit“ führt häufig dazu, dass Technologien bevorzugt werden, die in bestehende Strukturen passen. E-Fuels und Wasserstoff, beispielsweise, die Verbrenner und Gasheizungen betreiben, werden von manchen Akteur:innen als großflächige Lösungen präsentiert. Tatsächlich sind sie in vielen Anwendungen weder technisch und noch wirtschaftlich sinnvoll. An solchen Technik-Trugbildern festzuhalten, verzögert deshalb notwendige Rahmenbedingungen für Zukunftstechnologien.

2. Quelle und Kontext analysieren, berechtigte Sorgen adressieren

  • Welche Interessen vertreten die Akteur:innen, die die Aussage treffen?
  • Welche Technologien werden im Status quo begünstigt – durch Subventionen, gesetzliche Rahmenbedingungen oder bestehende Infrastrukturen?
  • Sind die beworbenen Technologien marktreif und breit anwendbar? Sind sie in Bezug auf Effizienz, Verfügbarkeit und Kosten vergleichbar mit Alternativen?

3. Mit konstruktiven Argumenten kontern

  • Technologieoffenheit führt zu ineffizienter Verwendung. Bei E-Fuels für Autos können nur rund 14 Prozent der zugeführten Energie zum Fahren genutzt werden, während es bei Elektroautos mehr als 80 Prozent sind. Wasserstoffheizungen erreichen nur ein Fünftel der Effizienz von Wärmepumpen. Zudem bräuchte es für eine Versorgung mit Wasserstoff neue (teure) Infrastruktur.